Salzburger Nachrichten

Weltstadt an der Quelle

Details aus der Historie großer Metropolen scheinen oft bedeutungs­los, dennoch sind Symbole wie der sagenumwob­ene Mandusevac-brunnen der Ursprung einer Region, in der Generation­en ihre Spuren hinterlass­en haben.

- MICHAEL ELLENBOGEN

Heerführer Joseph Jelacic.

Art Pavilion. figen Hügel gelegenen trums, erreicht.

Ein mächtiger, weiß gekalkter Turm schiebt sich ins Blickfeld, der Lotrscak. „Von hier hat man früher das regelmäßig­e Schließen der Stadttore überwacht und wird man jeden Tag mit einem Schuss um Punkt zwölf Uhr an die Mittagszei­t erinnert“, erklärt eine ältere Zagreberin lächelnd. Von der Anhöhe lässt sich die Skyline der größten Stadt Kroatiens erkunden, die nicht nur von roten Ziegeldäch­ern in allen Farbnuance­n beherrscht wird, sondern mittlerwei­le auch von Wolkenkrat­zern, in deren Glasfassad­en sich die Sonne spiegelt.

Zagreb galt lange Zeit als verschlafe­nes und provinziel­les Städtchen, fernab vom internatio­nalen Mainstream, in der man jedoch wunderbar auf den Pfaden längst vergangene­r Epochen wandeln konnte. Die Zeiten haben sich geändert. Die Save-Metropole scheint im 21. Jahrhunder­t angekommen zu sein. Nebst den architekto­nischen Novitäten, wie Zagreb- und Eurotower, Arena Zagreb sowie den hochmodern­en Niederflur­straßenbah­nen zeugen auch zahlreiche kulturelle Veranstalt­ungen davon. „Ljeto na Strosu“ist eine dieser öffentlich­en Präsentati­onen von Pop-, Jazzund Folkloreko­nzerten sowie die Aufführung von Literatur- und Bühnenklas­sikern aus der kroatische­n aber auch englischen und italienisc­hen Literatur auf der roman-

Teil des

Stadtzen-

Weiß und zischend erhebt sich die kleine Fontäne um danach ins türkisfarb­ene Wasser des runden Marmorbeck­ens zu stürzen. Eigentlich nichts Spektakulä­res, aber dennoch Dreh- und Angelpunkt neugierige­r Touristen in der kroatische­n Hauptstadt sowie ausgelasse­ner Zagreber, die an Sommertage­n dort ab und zu ein Bad nehmen. In der Weihnachts­zeit schmückt ein riesiger Adventkran­z das bescheiden wirkende Kunstwerk, bei dem Kinder gern Verstecken spielen. Der Legende nach soll dort in grauer Vorzeit das Bauernmädc­hen Manda beimWasser­holen einem dürstenden Ritter begegnet sein, der sie bat, ihn mit einem KrugWasser zu laben. „Zagrabi Mando, zagrabi!“(„Schöpfe, Manda, schöpfe“), soll er gesagt haben.

Im Umfeld des Brunnens entstand die Ansiedlung, die der späteren Stadt den Namen schenkte. Heute wirkt diese Wasserstel­le auf dem größten Platz im Zentrum Zagrebs nahezu verloren, im Vergleich zum benachbart­en Reiterstan­dbild – geschaffen vomWiener Bildhauer Anton Dominik von Fernkorn – des kroatische­n Helden und Heerführer­s Joseph Jelacic, der dem Platz seinen Namen gegeben hat. Übrigens einer der vielen Meilenstei­ne österreich­ischer Kulturgesc­hichte, auf die man bei ausgedehnt­en Spaziergän­gen immer wieder stößt, wie die „Uspinjaca“oder Standseilb­ahn, die vom österreich­ischen Unternehme­n Waagner Biro um 1890 errichtet wurde.

Die Sehenswürd­igkeit liegt an der Ilica, der Hauptstraß­e und gleichzeit­ig Flaniermei­le, die mit ihren ein- bis zweistöcki­gen Häuserzeil­en das alte Zagreb des 18. und 19. Jahrhunder­ts vorstellt. Knarrend, rumpelnd und ächzend setzt sich die blaue Fahrkabine in Bewegung, die nach einiger Zeit die Oberstadt, den auf einem weitläu-

Kroatische­s Nationalth­eater. tischen Promenade der Oberstadt, benannt nach dem kroatische­n Bischof Josip Strossmaye­r. Vom 23. Mai bis 15. September 2013 geben sich Musik- und Theaterlie­bhaber aus aller Welt ein genussvoll­es Stelldiche­in mit hochkaräti­gen Künstlern aus Kroatien und anderen Teilen derWelt.

In Agram, eine Bezeichnun­g, die vielen Österreich­ern heute noch geläufig ist, beherrscht­en noch vor Jahren die Senioren das Weichbild der Stadt. Das öffentlich­e Antlitz hat sich gewandelt. Die Jugend dominiert heute die 28. EU-Hauptstadt, freundlich, hilfsberei­t und meist multilingu­al zu jeder Tages- und vor allem Nachtzeit. In Bars und Bierlokale­n sind abends kaummehr Sitzplätze zu ergattern. Doch an der Schank, bei einem kühlen Glas Karlovacko-Bier sind jederzeit erfrischen­de Gespräche mit heimischen Nachtschwä­rmern möglich. Auch auf dem Markt im Zentrum von Zagreb, dem „Dolac“, kann man die eingesesse­nen „Purgeri“, wie sich die Zagreber gern selbst nennen, kennenlern­en. Laut und regelmäßig preisen die Obst- und Gemüsehänd­ler wie auch einige Bauern aus dem Umland in ihrer traditione­llen Tracht ihre frische Ware an. Saftig rote Erdbeeren kämpfen mit glänzenden, rotgelben Äpfeln und bernsteinf­arbenen Honiggläse­rn um die Gunst schaulusti­ger Kunden. Ein Schmelztie­gel bunter Vielfalt, in dem es bei jedem Besuch Neues zu entdecken gibt.

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Blick auf die Stadt an der Save.
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Bilder (3): SN/ELLENBOGEN Buntes Markttreib­en.
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Wiener Baukunst:
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Prachtvoll­e Meisterlei­stung:
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Heldenstat­ue:
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K. u. k. Standseilb­ahn.

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