„Fungie“wirbt um Gäste
Vom Hafen aus ziehen sich enge Gassen leicht bergan, flankiert von bunten Häuserfassaden im traditionellen Stil. Dingle ist erreicht – mit seinen unterdessen knapp 2000 Einwohnern der Hauptort der Dingle-Halbinsel in der Grafschaft Kerry, Irland.
Überall blüht es dank Golfstrom fast wie am Mittelmeer. Restaurants, Trödel- und Kunstgewerbeläden reihen sich dicht an dicht. Und natürlich Pubs, in denen sich abends Einheimische gemütlich-zwanglos zu gälischer Folkmusik zusammenfinden. Es muss früher eine sehr trinkfreudige Einwohnerschaft gewesen sein, denn in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es 70 solcher Lokalitäten im Ort – also auf rund 25 Einwohner vom Kleinkind bis zum Greis jeweils ein Pub. Das war selbst für Irland rekordverdächtig.
Doch Dingle, in dem sich heute sommers Zehntausende Touristen aus nah und fern tummeln, hat noch mehr Rekorde aufzuweisen. Es ist die westlichste Stadt Europas und größter Fischereihafen des Landes. Es beherbergt ein ehemaliges Frauenkloster – nun ein Zentrum für gälische Kultur –, in das bis in die 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts nur Arzt und Notar Zugang hatten und die Nonnen allein zum Zahnarztbesuch die Klostermauern verließen – so streng waren die Sitten. Und schließlich gibt es „Fungie“, der den einst verschlafenen Hafenort zum begehrten Touristenziel macht.
1983 tauchte „Fungie“wortwörtlich zum ersten Mal vor Dingle aus demMeer auf. Er ist ein Flaschennasen-Delfin, der die Hafenbucht zu seiner neuen Heimat erkor. Seitdem spielt er mit Schwimmern, begleitet Boote und umkreist Taucher. Bis zu 40 Delfintrips werden täglich in der Saison von Einheimischen angeboten. Selbst an der alljährlichen Segnung der Fischerboote nimmt er gelegentlich teil, wie der Pfarrer
Hafenidylle. berichtet. An Land begrüßt der Tümmler die „Fungie“-Fans als freundliches Bronzetier fast in Originalgröße oder als Schlüsselanhänger in den Trödelläden.
Wermehr zur artenreichen Unterwasserwelt Irlands erfahren möchte, der ist in der örtlichen Dingle Ocean World am rechten Platz. In dem wohldurchdacht aufbereiteten Aquarium können einheimische Meerestiere zum Beispiel von einem Unterwassertunnel aus hautnah beobachtet werden.
Die Dingle-Halbinsel, etwa fünfzig Kilometer lang, bietet dem Besucher vielfältige Abwechslung. Da wird u. a. Surfen und Angeln, Radfahren und Reiten großgeschrieben. Wanderer lockt der mehr als 150 Kilometer lange Dingle Way, der in acht Tagesetappen bequem zu bewältigen ist.
Nach dem Ausflug in die Bilderbuchwelt der Dingle-Halbinsel erwartet denWanderer ein lebhaftes Städtchen – Tralee, der Verwaltungssitz der Grafschaft Kerry. Weltweit bekannt geworden ist der Ort durch das jährlich stattfindende Festival „The Rose of Tralee“. Junge Mädchen aus aller Welt stellen sich im August der Jury, um als Siegerin zur „Rose von Tralee“gekürt zu werden. Bedingung ist, dass die jungen Frauen irische Vorfahren nachweisen können – kein Problem bei 50 Millionen über alle Erdteile verstreute, ehemals ausgewanderte Iren.
Übrigens, wer Tralee besucht, sollte nicht versäumen, zwischen Mai und September eine Tour auf der westlichsten Dampfloklinie Europas zu unternehmen. Die kurze Fahrt der Schmalspurbahn, die bis 1953 zwischen Tralee und Dingle verkehrte, führt zum früheren Auswandererhafen im kleinen Dörfchen Blennerville, wo während der Großen Hungersnot im 19. Jahrhundert die Schiffe von Kerry nach Amerika ausliefen. Aus dieser Zeit auch stammt die Blennerville Windmill, nach Restaurierung heute wieder betriebsbereite größteWindmühle Irlands.