Die gepflanzten Bürger
Lehen. Was diesem Stadtteil zugemutet wird, hat in Summe für viele Bewohner das Ausmaß des Erträglichen überschritten. Ihr Unmut ist berechtigt.
Es stimmt, in Lehen lässt es sich gut leben. Es stimmt aber auch, dass in Lehen gerade ein Fass überläuft. Die Nachlässigkeiten, Fehlentscheidungen und Belastungen, die diesem Stadtteil zugemutet wurden und werden, haben für viele Bewohner das Maß des Erträglichen überschritten.
Das illustriert folgende, nicht vollständige Liste.
Lehen ist schwer vom Autoverkehr getroffen. Entsprechend dick ist die Luft an den Hauptverkehrsachsen wie der Rudolf-Biebl- und der Ignaz-Harrer-Straße. Doch das Land misst die Luftgüte, mit der die geplagten Anrainer argumentieren könnten, nicht dort, wo es stinkt und staut. Es misst im Lehener Park. So dürfen sich dort nicht nur die Bäume gepflanzt fühlen, sondern auch die Bürger.
In dem Ausmaß aber, in dem Stau und Abgase (und Einkaufszentren) zunahmen, sperrten die eingesessenen Geschäfte an den Lehener Straßen zu. Wo einst Mode oder Sportartikel zu haben waren, gibt es heuteWettbüros und Imbissstände. Doch statt die Autos aus Lehen zu vertreiben, werden immer noch mehr angelockt. Die Aiglhofkreuzung mit der Einfahrt in die Landeskliniken ist ein neuralgischer Punkt am Eingang zu Lehen. Hier soll für die Landeskliniken ein Parkhaus gebaut werden, elf Stockwerke hoch, mit rund 1200 Stellplätzen – mehr, als es derzeit auf dem Klinikgelände gibt. Zu- und Abfahrten werden zu einem Gutteil über Lehen erfolgen. Der Planungsstadtrat, der als Verkehrsreferent ansonsten neue Großgaragen mit dem nachvollziehbaren Argument verweigert, diese zögen zusätzlichen Verkehr an, findet hier nichts dabei.
Schräg gegenüber des Parkhauses, dort, wo jetzt Grünland für einen Parkplatz herhalten muss, sollen Eigentumswohnungen entstehen. Der sozia- le Wohnbau aber, der hier laut räumlichem Entwicklungskonzept vorgesehen ist, findet am Stadtrand in Taxham statt. (Wo als Ausgleich doppelt so viele Mietwohnungen gebaut werden.)
Das Stadtwerke-Areal war ein Hoffnungsprojekt des sozialen Wohnbaus – als neuer, autofreier Stadtteil. Doch das Areal erstickt förmlich unter seinen Nutzungen. Auf engem Raum muss, dem Dogma der Nachverdichtung folgend, viel zu viel Platz finden. Da bleibt keiner mehr für ausgedehnte Grünflächen und Innenhöfe, wie sie charakteristisch waren für den sozialen Wohnbau früherer Jahrzehnte. Heute und speziell in Salzburg gilt: Umbauter Raum bringt Geld. Freiraum, der gestaltet werden will, kostet. Kaum fassbar, dass auf dem Areal sogar noch mehrWohnungen hätten entstehen sollen. Das hat der Bürgermeister verhindert.
Will er Lehen Gutes tun, müsste er noch mehr verhindern. E-Mail: sylvia.woergetter@salzburg.com