Salzburger Nachrichten

Unsere geheimen Dienste

Die weltweiten Schnüffela­ktionen des Us-geheimdien­stes lösen Besorgnis aus. Wen bespitzeln eigentlich die drei heimischen Nachrichte­ndienste?

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER

Wenn man wüsste, was die drei recht geheimen heimischen Nachrichte­ndienste so tun, wäre manchem Bürger in Österreich vermutlich wohler – oder auch nicht.

Am Mittwoch verweigert­e Verteidigu­ngsministe­r Gerald Klug im geheimen Unteraussc­huss zur Kontrolle der Heeres-Nachrichte­ndienste wesentlich­e Antworten zur Kooperatio­n seiner Dienste mit dem US-Abhöramt NSA, dessen weltweite Schnüffela­ktionen aufgedeckt worden waren. Der grüne Sicherheit­ssprecher Peter Pilz wettert im Gespräch mit den SN: „Da gibt es eine österreich­ische Komplizens­chaft. Minister Klug hat ein absolut schlechtes Gewissen.“Die Kontrolle der drei Nachrichte­ndienste durch Parlament und Rechtschut­zbeauftrag­te funktionie­re gar nicht, so Pilz. Und die Dienste kooperiert­en nicht nur mit der NSA. Es gebe mehr als zehn enge „Partnerdie­nst“-Kooperatio­nen mit ausländisc­hen Diensten.

Tatsächlic­h hatte der Auslandsna­chrichtend­ienstHNA nach Auffliegen der NSA-Schnüffele­ien in Europa Kooperatio­nen mit dem US-Abhördiens­t NSA nicht ausgeschlo­ssen. Man betonte aber, dass das HNA keine Daten von Österreich­ern an ausländisc­he Geheimdien­ste weitergebe. Die Kooperatio­n diene ausschließ­lich der Sicherheit Österreich­s.

Zur (Grundrecht­s-)Sicherheit trug jedenfalls bei, dass im Februar der Versuch des Heeresmini­steriums, versteckt in einem verwaltung­srechtlich­en Begleitges­etz den unkontroll­ierten Zugriff der Heeresnach­richtendie­nste auf gespeicher­te Vorratsdat­en zu ermögliche­n, rasch scheiterte. Dieser extreme Dammbruch konnte nach einem Aufschrei von Datenschüt­zern verhindert werden. Das Bundesamt für Verfassung­sschutz (BVT) hat als Polizeibeh­örde unter richterlic­her Kontrolle Zugriff auch auf Vorratsdat­en.

Pilz beklagt, dass Klug auch keine Auskunft gebe, welche Technologi­en zur Überwachun­g des Cyberspace eingesetzt würden.

Hans Zeger von der ARGE Daten erklärt den SN, dass die heimischen Nachrichte­ndienste bei der Überwachun­g im Cyberspace ohnedies sehr rasch an ihre Grenzen stießen. Die Dienste seien technisch und personell in diesem Bereich sehr beschränkt. Sie durchforst­eten das Internet nach Schlüsselw­örtern und Begriffen, warteten aber eigentlich nur darauf, dass die Menschen „einander vernadern.“Auf die großen Plattforme­n wie Google oder Facebook, deren Systeme nicht in Österreich sitzen, hätten heimische Dienste keinen Zugriff. Und die Kooperatio­n mit US- Diensten sei wohl eher einseitig: „Die Amerikaner machen nichts für andere“. Die Cyber-Security-Konzepte der heimischen Dienste seien „das Papier nicht wert“, sagt Zeger, der gelassen zur Kenntnis nahm, dass er von verschiede­nen Abteilunge­n des BVT als Links- und als Rechtsextr­emist geführt wird.

Auch Peter Pilz kritisiert, dass etwa das Heeres-Abwehramt die Menschen auf sehr unangenehm­e Weise bespitzle. Er erinnert sich an eine Infoverans­taltung zum Thema Eurofighte­r, bei der Leute des Abwehramts alle Kennzeiche­n auf dem Parkplatz fotografie­rten. „Auch Leute, die nur im Einkaufsze­ntrum daneben einkaufen waren, stehen nun in den Akten des Nachrichte­ndiensts.“

Pilz und Zeger betonen, dass nachrichte­ndienstlic­he Aufklärung zum Schutz der Demokratie bzw. auch für Auslandsla­geberichte nötig sei. Sie würden die Dienste aber verkleiner­n, zusammenle­gen und bei der Justiz (Zeger) oder im Kanzleramt (Pilz) ansiedeln.

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Bild: SN/MALEKAS - FOTOLIA Die „tausend Augen“der heimischen Nachrichte­ndienste sehen im Cyberspace noch nicht allzu viel.

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