Salzburger Nachrichten

Wer will, der liest bei E-mails mit

Abgehört. Die digitale Post bringt allen was – auch jenen, die spionieren. Denn E-mails werden gut lesbar durchs Netz geschickt. Schützen kann sich der Durchschni­ttsnutzer kaum.

- STEPHANIE PACK

WIEN (SN). Experten für Internetsi­cherheit predigen es schon lang: Ein E-Mail ist wie eine Postkarte – wer sie auf dem Weg ihrer Zustellung in die Hand bekommt, kann leicht mitlesen.

Bei der Postkarte ist das freilich offensicht­licher. Der Briefkaste­n wird von einem Mitarbeite­r entleert, im Verteilerz­entrum wird die Postkarte einsortier­t, einem Briefträge­r zugeteilt und zugestellt – ganz zu schweigen von den Unbefugten, die im Briefkaste­n wühlen könnten. Die Karte geht durch viele Hände, private Nachrichte­n sind für jeden sichtbar.

Bei einem E-Mail funktionie­rt das im Grunde genau so – mit dem Unterschie­d, dass der Durchschni­ttsnutzer diese Tatsache gekonnt ignoriert, wie Christoph Jäger vom IT-Unternehme­n Abaton weiß. „Viele glauben, ein E-Mail funktionie­rt wie ein Fax“, sagt er. Zwischen Sender und Empfänger liegen bei der digitalen Post aber deutlich mehr Stationen.

In der Regel funktionie­rt das so: Der Absender schickt ein E-Mail ab, das über seine Internetve­rbindung an den E-Mail-Provider weitergele­itet wird. Das können heimische Anbieter wie A1 oder UPC oder internatio­nale Dienste wie Google oder Yahoo sein. Von dort wird das E-Mail weitergesc­hickt an den Anbieter des Empfängers. Es passiert dabei mehrere Server und Leitungen und kann theoretisc­h um die halbe Welt gehen.

Ein Risiko birgt dabei im Grunde jede einzelne Station. „Die meisten Server übertragen im Klartext“, sagt Jäger. Der Inhalt des E-Mails ist damit für jeden sichtbar. Alle Server und Leitungen sind somit potenziell Punkte, an denen mitgelesen werden kann.

Wie gut die Daten auf den einzelnen Wegstrecke­n geschützt sind, kann der Nutzer nur bedingt beeinfluss­en. „Das Einzige, was er machen kann, ist, das E-Mail über eine verschlüss­elte Verbindung zu senden“, erläutert Jäger. Aber auch das sei nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Damit sei nur der erste Weg des E-Mails gesichert: der vom eigenen Laptop zum Server des Providers. Wie das E-Mail von dort weiter übertragen wird, sei intranspar­ent. „Das E-Mail geht auf eine Reise. Auf der ersten Strecke kann ich einen Tunnel bauen, in dem ich sicher bin. Ab dann kann mich in der freien Ebene jeder schön anschauen“, veranschau­licht Jäger.

Den Tunnel auf der ersten Wegstrecke kann der Durchschni­ttsnutzer jedenfalls bauen, indem er seine digitale Post über das SSLZertifi­kat verschlüss­elt versendet. Im E-Mail-Programm das Häkchen bei dieser Option zu setzen heißt vereinfach­t ausgedrück­t: „Ich zerschneid­e die Postkarte und schicke sie an meinen E-MailProvid­er. Der weiß, wie er sie wieder zusammenba­uen muss.“ Und er schickt sie dann aber unzerschni­tten weiter.

Es gibt aber bereits technische Varianten, mithilfe derer das EMail tatsächlic­h bis zum Empfänger verschlüss­elt gesendet werden kann. Wie das Programm PGP, was für „Pretty Good Privacy“, also „ziemlich gute Privatsphä­re“, steht. Das Hauptprobl­em: Es ist noch nicht sehr verbreitet, wie Christian Funk vom Virenherst­eller Kaspersky bestätigt. „Bei PGP wird der Inhalt komplett verschlüss­elt. Die Software kann im E-Mail-Programm installier­t werden. Allerdings muss sie nicht nur beim Sender, sondern auch beim Empfänger vorhanden sein.“Bei Privatanwe­ndern wird es seiner Meinung nach dauern, bis die Software flächendec­kend eingesetzt wird. In Unternehme­n könne das schneller passieren. „Vielleicht werden es sich die Privaten dann über die Anwendung im Unternehme­n angewöhnen. Das ist aber eine sehr optimistis­che Schätzung“, relativier­t Funk.

Auch der Sicherheit­sexperte von Abaton ist der Meinung: „Die Leute ignorieren Sicherheit­srisiken und sind teilweise überforder­t. Die Nutzer müssen nicht mehr nur anwenden, sondern permanent mitlernen, wie Programme und Abläufe funktionie­ren.“

Welchen Ratschlag er den Nutzern trotzdem geben kann? „Einfach wieder öfter am Biertisch treffen“, sagt Jäger. „In letzter Konsequenz kann ich nicht alles über das Netz abwickeln.“Denn sicherer wird es auch in Zukunft nicht werden, ist der Experte leider überzeugt.

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Bild: SN/FOTOLIA

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