Hundeführschein zeigtwirkung
Beißattacken. Seit drei Jahren müssen in Wien Halter bestimmter Hunderassen eine Prüfung absolvieren. Laut Polizei gehen die Hundeangriffe zurück, für Kritiker bleibt es eine Schikane.
WIEN (SN). Alex Savic lehnt am Zaun der Hundezone an der Wiener Roßauer Lände, raucht eine Zigarette und schaut seinem Hund Bully beim Spielen zu. Der American Staffordshire Terrier jagt wie ein weißer Blitz über die Wiese und ist der ganze Stolz des 34-jährigen Bankangestellten.
Bully gehört zu jenen zwölf Hunderassen, von denen laut der Stadt Wien ein „erhöhtes Gefährdungspotenzial“ausgeht. Seit dem 1. Juli 2010 müssen Halter solcher Rassen in Wien deshalb den Hundeführschein machen. Seit erstem Jänner gilt dies auch in Salzburg. Für Wien zeichnet sich indes eine positive Drei-JahresBilanz ab: Laut der Polizei ist die Zahl der Anzeigen wegen Hundebissen von 459 im Jahr 2010 auf 396 im Jahr 2012 gesunken. 2013 gibt es bis jetzt 192 Anzeigen.
Die Wiener hatten sich in einer Volksbefragung mit 89 Prozent für einen verpflichtenden Hundeführschein ausgesprochen. Zum damaligen Zeitpunkt machten diese Hunde knapp fünf Prozent aller Hunde in Wien aus. Allerdings waren diese für fast 25 Prozent aller Bisse verantwortlich, wie die damals zuständige Wiener Umweltstadträtin, Ulli Sima, sagte. Bis 2013 haben 5000 Hundehalter den Hundeführschein gemacht. Darunter auch Bully und Alex Savic, der den Schein als Schikane empfindet: „Das war eine Zeitverschwendung“, erklärt der 34-Jährige. Ein paar einfache Fragen habe er beantworten müssen: „Warum wedelt der Hund mit dem Schwanz und so, dann muss der Hund einmal ,Platz!‘ machen und fertig.“Sein Hund habe ihm aber schon vorher aufs Wort gefolgt: Ein hoher Pfiff von ihm und Bully stoppt aus vollem Lauf, um sich in der Hundezone hinzulegen. „Das hat er aber nicht beim Hundeführ- schein gelernt. Den gibt es ja nur, damit man mit dem Thema ,Kampfhunde‘ billige Politik machen kann“, sagt Savic und ruft den Hund zu sich.
Die Prüfung kostet 25 Euro. Wer ohne Hundeführschein von der Polizei erwischt wird, muss mit einer Strafe von 100 Euro rechnen. Aller Kritik zum Trotz sieht die Wiener Stadtregierung darin ein Erfolgsprojekt: „Die Zahl der Hundebisse ist zurückgegangen“, erklärt Walter Reisp, Leiter der Wiener Magistratsabteilung 60, die für Veterinärdienste und Tierschutz zuständig ist. Genaue Zahlen gibt es von der StadtWien nicht. Man will bis Jahresende evaluieren, ob und wie erfolgreich der Hundeführschein ist.
Für Katja Wolf, Sprecherin des Hundedachverbandes, ist die Regelung kein Erfolg: „Dadurch wurde kein einziger Biss verhindert.“Bezüglich der Polizeistatistik sagt sie: „Ich halte von Zahlen über so einen kurzen Zeitraum relativ wenig.“Auch der Liste für „gefährliche“Hunde kann sie nichts abgewinnen: „Die schwarzen Schafe erwischt man sowieso nicht. Den Haltern, die sich mit dem Hund auseinandersetzen wollen, soll man die Möglichkeit geben, einen professionellen Kurs zu besuchen.“Wolf könnte sich dann eine Teilbefreiung von der Hundesteuer vorstellen. Diese Regelung solle in ein bundesweites Gesetz gefasst werden.
Die Hundehaltung ist derzeit Ländersache. Neben Wien und Salzburg gibt es auch in Niederösterreich den Hundeführschein. In Kärnten und Tirol werden die Behörden erst tätig, wenn Hunde auffällig werden. In Oberösterreich muss ein Kurs besucht, in der Steiermark ein Infogespräch geführt und in Vorarlberg müssen manche Rassen erst bewilligt werden. Das Burgenland hat keine Auflagen.