Oberösterreich verteidigt sich
Hochwasser. LH Josef Pühringer verspricht lückenlose Aufklärung, schließt aber Kommunikationspannen aus. Der Verbund muss mit Klagen von Geschädigten rechnen.
LINZ (SN, APA). Falsche E-MailAdressen, unzustellbare Nachrichten, nicht geführte Telefonate – das Land Oberösterreich will nichts von solchen Versäumnissen wissen. Die Informationskette für die Einsatzstellen war während des Hochwassers Anfang Juni lückenlos. Das hat die Analyse des Protokolls der behördlichen Einsatzleitung ergeben, in dem alle Meldungen minutiös aufgezeichnet werden.
Das gaben Landeshauptmann Josef Pühringer und die Landesräte Max Hiegelsberger ( beide ÖVP) sowie Rudi Anschober (Grüne) nach einer Analyse des Protokolls in einer Pressekonferenz am Mittwoch bekannt. Sie versprachen, die weitere Aufarbeitung der Katastrophe und eventuelle Schwächen auszumerzen.
Laut Protokoll seien alle Informationen ungebrochen an alle Einsatzstellen gegangen, stellte Hiegelsberger fest. Die Übermittlung von Pegelständen durch den Verbund an eine veraltete E-Mail-Adresse des hydrografischen Dienstes habe keinen Einfluss auf das Geschehen gehabt, hieß es. Das von 2. bis 6. Juni reichende Protokoll soll verringert um Einzelheiten, die dem Datenschutz unterliegen – beispielsweise Telefonnummern von Einsatzstellen –, demnächst auch im Internet veröffentlicht werden.
Zur Aufarbeitung der gesamten Katastrophe soll ein Gutachten der in der Angelegenheit unabhängigen Universität Kassel beitragen. Vor allem soll die Einhaltung der Wehrbetriebsordnung durch die Donaukraftwerke des Verbunds untersucht werden. Gesucht würden weiters Antworten, warum das Wasser in der Nacht von 2. auf 3. Juni so stark angestiegen sei sowie, ob jemand aufgrund der vorliegenden Fakten den Riesenschwall hätte erkennen müssen, der sich vor allem in das Eferdinger Becken ergossen hatte. Aus heutiger Sicht wür- den die Fachleute dies verneinen, erklärte Pühringer. Der Verbund werde aber gefragt werden, ob er über eine Datenlage verfügt habe, die das Land nicht hatte.
Anschober will aufarbeiten, lernen, verbessern, schützen. Ein Dorn im Auge ist ihm, dass oberhalb des 1970 errichteten Kraftwerks Ottensheim danach viel in den Retentionsräumen gebaut wurde. Im Machland unterhalb von Linz sei nach dem Hochwasser 2002 viel im Sinne der Raumordnung mit Absiedlungen und Bauverboten geschehen. Auch im Eferdinger Becken seien nach den jüngsten Überschwemmungen an die 100 Eigentümer von Objekten zur Absiedelung bereit.
Pühringer versprach Aufklärung der Vorgänge. Das sei man den Geschädigten, manche glaub- ten, man habe sie „absaufen“lassen, schuldig. Es werde nichts schöngeredet oder -geschrieben werden. Höchste Sorgfalt werde es auch bei der Hilfestellung für die Hochwasseropfer geben, versprach er.
Die Verbund AG wird trotzdem mit Gerichtsverfahren rechnen müssen. Die geschädigten Unternehmer und Privatpersonen haben sich zu einer Initiative zusammengeschlossen und überlegt, den Verbund auf Schadenersatz in Höhe von 250 Mill. Euro zu klagen.
Ihr Anwalt geht fix von Versäumnissen in der Kommunikation aus. Er bleibt dabei, dass die Pegelstände an die falsche EMail-Adresse geschickt worden seien. Dadurch soll es nicht möglich gewesen sein, die betroffene Bevölkerung rechtzeitig zu war- nen. Außerdem stelle sich die Frage, ob die Flut in der Region Eferding nicht durch ein vorzeitiges Öffnen der Wehre hätte verhindert werden können.
Die Initiative „Flutopfer“will vorerst außergerichtliche Gespräche mit der Verbund AG, damit rasch und unbürokratisch geholfen werden kann. Darüber hinaus will man das von Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) in Auftrag gegebene Gutachten der Universität Kassel, das das Verschulden am Hochwasser klären soll, abwarten.
Der Sprecher der Initiative, Christoph Schilchegger, rechnet mit zwei Mill. Euro Schaden in seinem eigenen Betrieb. „Wäre ich rechtzeitig informiert worden, hätte ich sofort reagieren und damit Schäden vermeiden können.“