Chronik einer angekündigten Pleite
Insolvent. Lieferanten ziehen bei Dayli die Reißleine: Sie beantragen heute Konkurs, tut es die Firma nicht selbst.
SALZBURG, LINZ (SN). Den Lieferanten der schwer ins Trudeln geratenen Handelskette Dayli reicht es: Sie haben den Kreditschutzverband von 1870 (KSV) beauftragt, heute, Donnerstag, den Konkurs über das Unternehmen zu beantragen, sollte die Firma bis dahin nicht selbst den Weg vor den Insolvenzrichter antreten.
„Das noch vorhandene Vermögen gehört unverzüglich unter Kontrolle des Insolvenzgerichts gestellt und die Ereignisse der vergangenen Wochen aufgeklärt“, sagt KSV-Expertin Petra Wögerbauer. Der Betrieb der noch bestehenden 783 Dayli-Filialen koste nach KSV-Schätzungen pro Tag rund eine halbe Mill. Euro an Personal- und Sachaufwand – ohne Wareneinsatz gerechnet. Jeden Tag werde Vermögen vernichtet.
Auch der Alpenländische Kreditorenverband berichtete, dass er von mehreren Lieferanten beauftragt worden sei, Zahlungen auf außergerichtlichem Weg einzutreiben. Die Verbindlichkeiten bei Dayli werden auf zumindest 30 Mill. Euro geschätzt. Die rund 3000 Beschäftigen bekamen Junigehalt und Urlaubsgeld noch nicht überwiesen, Vermieter sollen teilweise seit längerer Zeit nur schleppend bezahlt worden sein.
Dennoch versicherte ein Sprecher des Unternehmens am Mittwoch weiter, es gebe ernsthafte Verhandlungen mit einem Investor sowie Gespräche mit Banken, um den Fortbetrieb der 783 Filialen zu sichern. Über die Vorgehensweise des KSV sei man „irritiert“, man sehe Chancen, das Unternehmen „ohne Insolvenz zu retten“, ließ Dayli-Eigentümer Rudolf Haberleitner über eine Aussendung wissen. Er soll unterdessen versuchen, das Unternehmen abzustoßen. Dem Vernehmen nach will oder hat er Dayli um einen Euro an einen anderen Unternehmensberater abgetreten, nämlich Martin Zieger, der früher Palmers, Vögele undHunkemöller in Österreich leitete. Zieger soll laut Brancheninsidern auch bei dem dubiosen Treffen in Italien dabei gewesen sein. In Udine saß Haberleitner nach eigenen Angaben vergangene Woche einem Betrüger auf, der eine Mill. Euro in bar verlangte, um 20 Mill. Euro in Dayli zu investieren, dann aber mit dem Geld im Koffer verschwand. Geldwäsche-Vorwürfe wies Haberleitner entrüstet zurück.
In der Dayli-Geschäftsführung ging es in den vergangenen Tagen rund. Dayli-Finanzchef Andreas Bachleitner (einst Adeg-Manager), der in den „Oberösterreichischen Nachrichten“erklärt hatte, Haberleitner vor der Italien-Fahrt gewarnt zu haben, wurde fristlos entlassen. Mehrmals soll Haber- leitner auch die anderen Manager teils mitten in der Nacht gefeuert und dann doch wieder zurückgeholt haben. Am Mittwochnachmittag hieß es, auch Geschäftsführer Peter Krammer (zuvor bei dm und OMV) habe das Handtuch geworfen. Zuvor war bereits ExLidl-Österreich-Chef Hanno Rieger ausgeschieden.
Brancheninsider schenken indes den Beteuerungen von Rudolf Haberleitner, einen Investor an der Hand zu haben, nur noch wenig Glauben. Haberleitner hat sich vor knapp einem Jahr als Retter der Drogeriemarktkette Schlecker in Österreich präsentiert, nachdem der deutsche Konzern pleite war. Der 68-jährige bis dahin unbekannte Investor kündigte an, den ramponierten Diskonter in einen modernen Nahversorger samt Bistro und Dienstleistungen umzuwandeln. Sein Konzept wurde am Mittwoch von Sanierern, die die SN befragten, zerpflückt. „Sein Business-Plan ist völlig auf Sand gebaut“, sagte einer von ihnen. So hätte Haberleitners Konzept vorgesehen, den Umsatz der Gruppe in drei Jahren von 600 Mill. Euro auf 1,8 Mrd. Euro zu steigern. Die Gewinnerwartung sei dann bei 300 Mill. Euro gelegen. „Über 16 Prozent Gewinnmarge im Handel, in dem gesunde Unternehmen eine Rendite von eins bis drei Prozent haben, ist völlig utopisch“, sagt ein Sanierer, der nicht genannt werden möchte. Fortführungschancen für Dayli sieht er kaum. „Selbst die Geschäfte sind leer, ein Investor müsste schon für die neue Ware geschätzt 30 Millionen Euro hinle- gen.“In der Branche sei Haberleitner zuvor gänzlich unbekannt gewesen, bestätigt auch ein anderer Sanierer. Er bezeichnet Haberleitner als „glänzenden Verkäufer“, der Leute von seinen Ideen überzeugen könne, konkret aber wenig vorzuweisen habe. Auch welche Geldgeber – außer Novomatic – hinter Haberleitner stehen sollen, blieb unklar.
In der Branche gilt Haberleitner als Einzelkämpfer. Auf der Homepage seines Investmentfonds TAP 09 (Turnaround Platform) spricht er von einem Expertenteam mit „mehr als 300 Mannjahren Erfahrung und Knowhow“. Namen werden, wie sonst üblich, keine genannt. Auch nicht, bei welchen internationalen Unternehmen Haberleitner früher im Topmanagement tätig war.