Polizei-schlag gegen Rockerszene
Gewalttätig und kriminell. Deutschland zeigt Härte gegen Hells Angels und Co. Rund 1000 Polizisten waren in mehreren Bundesländern im Razzia-einsatz, einige Clubs wurden verboten.
BERLIN (SN, dpa). Es war ein Überraschungscoup, als Mittwoch um sechs Uhr früh eine Heerschar von Polizisten bei Rockern in Sachsen, Brandenburg, Berlin, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt aufmarschierten. Motorräder, Bargeld, schwarze Kutten, Macheten und Unterlagen wurden beschlagnahmt. Bei einer Maschine im brandenburgischen Cottbus war auf einem Pedal eine Handgranate montiert. Auch eine Eliteeinheit war dabei, als Vereinsverbote vollstreckt wurden.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verfügte, dass mit dem „Gremium Motorcycle Club (MC) Sachsen“bundesweit erstmals ein kompletter Regionalverband aufgelöst wird. Friedrich zeigte sich zufrieden: Bund und Länder hätten Entschlossenheit bewiesen, gemeinsam mit „allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen Rockerkriminalität vorzugehen“. In Brandenburg wurde eine HellsAngels-Gruppe verboten.
Nach langer Ratlosigkeit greifen Ermittler seit mehr als einem Jahr deutschlandweit gegen die kriminelle Rockerszene durch – mit Verboten, Durchsuchungen, Kontrollen, Prozessen. Zuletzt wurden in Bremen die Hells Angels (Höllenengel) untersagt, in Baden-Württemberg kassierten Rocker erst im Juni eine solche Ver-
In Brandenburg durchsuchten Spezialkräfte der Polizei auch Wohnungen von Mitgliedern des „Hells Angels Motorcycle Club (MC) Oder City“. fügung. Der Berliner Oberstaatsanwalt Jörg Raupach bringt es auf den Punkt: „Unsere Linie ist null Toleranz.“Jedes noch so kleine Rockerdelikt werde verfolgt.
Immer wieder eskalierten bundesweit die Rivalitäten verfeindeter Rocker. Brutal und auch mit Waffen wird darum gerungen, wer wo die Geschäfte im Rotlichtmilieu oder Drogenhandel bestimmt. Auch vor Erpressung, Geiselnahme und schweren Prügeleien schrecken die Rocker nicht zurück. Es gehe um organisierte Kriminalität und keinesfalls harmlose Motorradromantik, betont die Gewerkschaft der Polizei.
Nach den USA ist Deutschland größter Rockerstandort. 2012 gab es laut Bundeskriminalamt über 1200 Höllenengel, dazu kamen 1000 Bandidos – die stärkste Konkurrenz der Hells Angels. In vielen Clubs mischen inzwischen auch frühere Hooligans, Neonazis und Kleinkriminelle mit.
An die abgeschotteten Strukturen heranzukommen erschien lange fast aussichtslos. Doch inzwischen haben vereinzelt Aussteiger geplaudert. Als sich der Rockerkrieg zuspitzte, einigten sich Bund und Länder auf einen Strategiewechsel. Nun zahle sich der Ermittlungsdruck aus, sagt etwa Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU): „Ich sehe eine stark verunsicherte kriminelle Rockerszene in der Hauptstadt.“