Wie es die Sterne machen
Sie ist 29 Jahre jung und hat im Moment Glück. Denn für die nächsten gut zwei Jahre ist die wissenschaftliche Laufbahn von Claudia Lederer abgesichert. Die gebürtige Salzburgerin hat soeben den Adolf-Messer-Stiftungspreis erhalten. Der ist mit 25.000 Euro dotiert – Geld, das die Doktorin der Physik zwar nicht persönlich verwenden darf. Aber der Preis sichert das Forschungsprojekt, das sie in Frankfurt und am europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf als „spokesperson“(Sprecherin) ihres wissenschaftlichen Teams leitet.
„Ich habe schon als Kind alle Bücher über Astronomie verschlungen“, sagt Claudia Lederer auf die Frage, warum es sie in die Physik verschlagen habe – noch dazu in die Kernphysik. Nach der Matura am Christian-DopplerGymnasium in Salzburg studierte sie Astronomie und Physik in Wien. In der Diplomarbeit hat sich die Wissenschafterin mit der Entstehung von langlebigen radioaktiven Isotopen in Kernfusionsreaktoren beschäftigt, in der Doktorarbeit ging es um die Entstehung der schweren Elemente (schwerer als Eisen) in Sternen.
Jetzt will Claudia Lederer mit ihrem Team den Prozess nachbilden, der in Sternen ständig abläuft: die Entstehung von Elementen – vom Kohlenstoff aufwärts bis zu den schwersten Elementen. Als Probenmaterial benötigt die internationale Forschergruppe dafür hochreine, isotopisch angereicherte Germaniumproben, von denen zwei Gramm einige Tausend Euro kosten. Der größere Teil des Preisgeldes muss in dieses Material investiert werden.
Auf diese Germaniumproben werden im Kernforschungszentrum CERN (am sogenannten n_TOF Experiment) Neutronen geschossen. Dadurch entstehen schwere Elemente. Das ist dieselbe Reaktion, wie sie in den Sternen stattfindet.
Grundlagenforschung also, aber mit einem praktischen Zweck, betont Lederer. „Auch im Kernreaktor und bei der Kernfusion entstehen Neutronen. Unser Projekt wird Hinweise dafür liefern, welches Material man verwenden muss, damit möglichst wenig dioaktiver Müll anfällt.“
Wie ihre Laufbahn nach der befristeten Anstellung an der Universität Frankfurt weitergehen wird, kann Claudia Lederer derzeit nicht sagen. Sie teilt das Schicksal vieler junger Wissenschafterinnen und Wissenschafter, die sich von einem Projekt zum nächsten hangeln müssen. Dass damit auch die private Le-
ra- bensplanung schwierig wird, liegt auf der Hand. „Ich kann mir eine Familie vorstellen, weil ich in der Wissenschaft nicht zu bestimmten Zeiten am Schreibtisch sitzen muss, sondern flexibler bin in der Einteilung. Aber ein großes Problem mit Kindern wäre der häufige Ortswechsel, das ständige Umziehen, weil man sich immer irgendwo neu bewerben muss.“
Rein vom Wissenschaftsbetrieb her gesehen meint die Kernphysikerin, dass befristete Stellen eine Zeit lang verständlich seien, um neue Erfahrungen zu sammeln und eine eigenständige Forschung zu entwickeln. „Man muss viel Leistung erbringen und muss sich daneben auch noch dauernd um Drittmittel bemühen.“So wie der Preis, um den die Forscherin sich selbst beworben hat.
„Aber mittelfristig ist der einzige Plan, eine dauerhafte Stelle zu bekommen.“Dass sie dabei als Frau in der Männerdomäne Physik benachteiligt sein könnte, befürchtet die Salzburgerin nicht. „Ich habe bisher alles sehr fair empfunden.“