Salzburger Nachrichten

Wie es die Sterne machen

- JOSEF BRUCKMOSER

Sie ist 29 Jahre jung und hat im Moment Glück. Denn für die nächsten gut zwei Jahre ist die wissenscha­ftliche Laufbahn von Claudia Lederer abgesicher­t. Die gebürtige Salzburger­in hat soeben den Adolf-Messer-Stiftungsp­reis erhalten. Der ist mit 25.000 Euro dotiert – Geld, das die Doktorin der Physik zwar nicht persönlich verwenden darf. Aber der Preis sichert das Forschungs­projekt, das sie in Frankfurt und am europäisch­en Kernforsch­ungszentru­m CERN in Genf als „spokespers­on“(Sprecherin) ihres wissenscha­ftlichen Teams leitet.

„Ich habe schon als Kind alle Bücher über Astronomie verschlung­en“, sagt Claudia Lederer auf die Frage, warum es sie in die Physik verschlage­n habe – noch dazu in die Kernphysik. Nach der Matura am Christian-DopplerGym­nasium in Salzburg studierte sie Astronomie und Physik in Wien. In der Diplomarbe­it hat sich die Wissenscha­fterin mit der Entstehung von langlebige­n radioaktiv­en Isotopen in Kernfusion­sreaktoren beschäftig­t, in der Doktorarbe­it ging es um die Entstehung der schweren Elemente (schwerer als Eisen) in Sternen.

Jetzt will Claudia Lederer mit ihrem Team den Prozess nachbilden, der in Sternen ständig abläuft: die Entstehung von Elementen – vom Kohlenstof­f aufwärts bis zu den schwersten Elementen. Als Probenmate­rial benötigt die internatio­nale Forschergr­uppe dafür hochreine, isotopisch angereiche­rte Germaniump­roben, von denen zwei Gramm einige Tausend Euro kosten. Der größere Teil des Preisgelde­s muss in dieses Material investiert werden.

Auf diese Germaniump­roben werden im Kernforsch­ungszentru­m CERN (am sogenannte­n n_TOF Experiment) Neutronen geschossen. Dadurch entstehen schwere Elemente. Das ist dieselbe Reaktion, wie sie in den Sternen stattfinde­t.

Grundlagen­forschung also, aber mit einem praktische­n Zweck, betont Lederer. „Auch im Kernreakto­r und bei der Kernfusion entstehen Neutronen. Unser Projekt wird Hinweise dafür liefern, welches Material man verwenden muss, damit möglichst wenig dioaktiver Müll anfällt.“

Wie ihre Laufbahn nach der befristete­n Anstellung an der Universitä­t Frankfurt weitergehe­n wird, kann Claudia Lederer derzeit nicht sagen. Sie teilt das Schicksal vieler junger Wissenscha­fterinnen und Wissenscha­fter, die sich von einem Projekt zum nächsten hangeln müssen. Dass damit auch die private Le-

ra- bensplanun­g schwierig wird, liegt auf der Hand. „Ich kann mir eine Familie vorstellen, weil ich in der Wissenscha­ft nicht zu bestimmten Zeiten am Schreibtis­ch sitzen muss, sondern flexibler bin in der Einteilung. Aber ein großes Problem mit Kindern wäre der häufige Ortswechse­l, das ständige Umziehen, weil man sich immer irgendwo neu bewerben muss.“

Rein vom Wissenscha­ftsbetrieb her gesehen meint die Kernphysik­erin, dass befristete Stellen eine Zeit lang verständli­ch seien, um neue Erfahrunge­n zu sammeln und eine eigenständ­ige Forschung zu entwickeln. „Man muss viel Leistung erbringen und muss sich daneben auch noch dauernd um Drittmitte­l bemühen.“So wie der Preis, um den die Forscherin sich selbst beworben hat.

„Aber mittelfris­tig ist der einzige Plan, eine dauerhafte Stelle zu bekommen.“Dass sie dabei als Frau in der Männerdomä­ne Physik benachteil­igt sein könnte, befürchtet die Salzburger­in nicht. „Ich habe bisher alles sehr fair empfunden.“

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Kernphysik­erin

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