Salzburger Nachrichten

Ein Schwarzbuc­h, das nur die ÖBB aufregt

Der Journalist Hansweiss nimmt nach der Landwirtsc­haft nun die heimische Staatsbahn unter die Lupe.

- MONIKA GRAF

. WIEN (SN). Wenn bereits Monate vor dem Erscheinen eines Buchs Aufregung bei den darin Beschriebe­nen herrscht, geht es meist um Berühmthei­ten, und auch die Erwartungs­haltung für neue Enthüllung­en liegt hoch. Das neueste Schwarzbuc­h des freien Journalist­en und Autors Hans Weiss über die ÖBB enttäuscht in beider Hinsicht. Bekannte Namen wie Verkehrsmi­nisterin Doris Bures oder ÖBB-Chef Christian Kern kommen zwar vor, doch um sie geht es nur am Rande. Auch neue Erkenntnis­se über „Korruption­svorwürfe, falsche Investitio­nen, Misswirtsc­haft und unfähige Manager“, wie es auf dem Umschlag heißt, halten sich in Grenzen. Viele der Geschichte­n, die Weiss auf den 200 Seiten seines „Schwarzbuc­h ÖBB“zusammenge­tragen hat, dürften aufmerksam­en Zeitungsle­sern bekannt vorkommen. Es sind durchaus gravierend­e Probleme, dieWeiss im hei- mischen System aufzeigt: So etwa habe ÖBB-Aufsichtsr­ats-Chef Horst Pöchhacker ihm unverblümt erklärt, dass der 2,4 Mrd. Euro teure Ausbau der Unterinnta­lstrecke „unnötig“gewesen sei.

Verkehrs- und Finanzmini­sterium machen unterschie­dliche Angaben, ob die ÖBB vom Staat jährlich fünf oder sieben Mrd. Euro bekommen. Lokführer, die Weiss Zugang ins Cockpit einiger Züge und Einblick in interne Unterlagen gaben, verweisen auf teils an Fahrlässig­keit grenzende Sicherheit­smängel und viel mehr Langsamfah­rstellen, als offiziell angegeben. Der Autor geht auch der Frage nach, warum die ÖBB bei neuen Strecken 4,70 Meter Gleisabsta­nd bauen, obwohl andere europäisch­e Bahnen mit 4,20 bis maximal 4,50 Metern das Aus- langen finden. Befriedige­nde Antworten auf diese Fragen darf sich der Leser nicht erwarten. Viele Themen werden nur angerissen, es fehlt ein klares Konzept, möglicherw­eise weil das Eisenbahnw­esen für Außenstehe­nde schwer zu durchschau­en ist und offenbar keine Zeit für tiefer gehende Vergleiche mit anderen Bahnen war.

Weiss bescheinig­t dem neuen ÖBB-Chef Kern aber, mit einigen Missstände­n aufgeräumt und betriebswi­rtschaftli­ches Denken in die Bahn gebracht zu haben. Umso weniger nachvollzi­ehbar ist, dass der umstritten­e Autor – zuletzt schieb er über Landwirtsc­haft und Schönheits­chirurgie – bereits im Juni von ÖBB-Kreisen als Handlanger der ÖVP, der im Wahlkampf gegen die Bahn hetzen werde, hingestell­t wurde.

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