Unserer Welt fehlt eine ordnende Hand
Auch der G-20-gipfel hat in Sachen Syrien nur Gezänk produziert. Die sogenannte Staatengemeinschaft ist tief gespalten.
Das für denWeltfrieden zuständige Gremium zeigt sich im Syrien-Konflikt handlungsunfähig. Im UNOSicherheitsrat klingt das russische Njet so laut wie im Kalten Krieg, diesmal verstärkt durch die ähnlich gesinnten Autokraten aus Peking. Der Ton zwischen Washington undMoskau ist so giftig wie in den Zeiten des Ost-West-Konflikts.
Bitter bezahlt die Welt jetzt dafür, dass dringend erforderliche Reformen des obersten UNO-Gremiums versäumt worden sind. Der Sicherheitsrat spiegelt noch immer die Machtverhältnisse von 1945. Er müsste längst um aufstrebende Akteure erweitert werden, um in derWelt wie- der an Gewicht und Geltung zu gewinnen. Vor allem aber haben die auf ihre Privilegien pochenden Mächte verhindert, dass die Vetomöglichkeiten von fünf Staaten durch die Entscheidungen einer qualifizierten Mehrheit ersetzt werden.
DerWeltsicherheitsrat bleibt völkerrechtlich die ausschlaggebende Instanz. Aber er kann jederzeit durch sachfremde Erwägungen lahmgelegt werden. Dass sich Wladimir Putin jetzt als Hüter des UNO-Systems inszeniert, ist ein Hohn. Russlands Präsident Putin ist ein Hauptschuldiger des Syrien-Desasters. Die westlichen Staaten haben ihn frühzeitig gedrängt, mäßigend auf den Diktator in Damaskus einzuwirken. Stattdessen hat Putin seine schützende Hand über Assad gehalten und diesen damit zur Aggression gegen die Aufständischen angestachelt.
Der Aufruf, Assads Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen, verhallte ebenso ungehört wie die Anregung, den Internationalen Strafgerichts- hof einzuschalten. Auch jetzt noch könnte Putin eine Wende zu gemeinsamem Handeln einleiten, damit womöglich die Amerikaner von einem einseitigen Vorgehen abhalten. Er müsste signalisieren, dass er Assad seine politische Unterstützung entzieht, und zugleich den russischen Waffenstrom nach Syrien stoppen.
Aber Putin ist weder an Frieden noch an Sicherheit oder Humanität interessiert. Ihm geht es um Machtinteressen und darum, der US-Regierung Prügel vor die Beine zu werfen. Auch die Amerikaner haben den UNO-Sicherheitsrat schon für eigene Zwecke blockiert. Den USA fällt jetzt auf den Kopf, dass sie oft genug aus eigennützigenMotiven in dasWeltgeschehen eingegriffen haben. Aber anders als ihre Rivalen haben sie sich immer wieder auch als internationale Ordnungsmacht verstanden, indem sie etwa das Morden auf dem Balkan beendeten.