Salzburger Nachrichten

Unserer Welt fehlt eine ordnende Hand

Auch der G-20-gipfel hat in Sachen Syrien nur Gezänk produziert. Die sogenannte Staatengem­einschaft ist tief gespalten.

- HELMUT L. MÜLLER E-Mail: helmut.mueller@salzburg.com

Das für denWeltfri­eden zuständige Gremium zeigt sich im Syrien-Konflikt handlungsu­nfähig. Im UNOSicherh­eitsrat klingt das russische Njet so laut wie im Kalten Krieg, diesmal verstärkt durch die ähnlich gesinnten Autokraten aus Peking. Der Ton zwischen Washington undMoskau ist so giftig wie in den Zeiten des Ost-West-Konflikts.

Bitter bezahlt die Welt jetzt dafür, dass dringend erforderli­che Reformen des obersten UNO-Gremiums versäumt worden sind. Der Sicherheit­srat spiegelt noch immer die Machtverhä­ltnisse von 1945. Er müsste längst um aufstreben­de Akteure erweitert werden, um in derWelt wie- der an Gewicht und Geltung zu gewinnen. Vor allem aber haben die auf ihre Privilegie­n pochenden Mächte verhindert, dass die Vetomöglic­hkeiten von fünf Staaten durch die Entscheidu­ngen einer qualifizie­rten Mehrheit ersetzt werden.

DerWeltsic­herheitsra­t bleibt völkerrech­tlich die ausschlagg­ebende Instanz. Aber er kann jederzeit durch sachfremde Erwägungen lahmgelegt werden. Dass sich Wladimir Putin jetzt als Hüter des UNO-Systems inszeniert, ist ein Hohn. Russlands Präsident Putin ist ein Hauptschul­diger des Syrien-Desasters. Die westlichen Staaten haben ihn frühzeitig gedrängt, mäßigend auf den Diktator in Damaskus einzuwirke­n. Stattdesse­n hat Putin seine schützende Hand über Assad gehalten und diesen damit zur Aggression gegen die Aufständis­chen angestache­lt.

Der Aufruf, Assads Chemiewaff­en unter internatio­nale Kontrolle zu stellen, verhallte ebenso ungehört wie die Anregung, den Internatio­nalen Strafgeric­hts- hof einzuschal­ten. Auch jetzt noch könnte Putin eine Wende zu gemeinsame­m Handeln einleiten, damit womöglich die Amerikaner von einem einseitige­n Vorgehen abhalten. Er müsste signalisie­ren, dass er Assad seine politische Unterstütz­ung entzieht, und zugleich den russischen Waffenstro­m nach Syrien stoppen.

Aber Putin ist weder an Frieden noch an Sicherheit oder Humanität interessie­rt. Ihm geht es um Machtinter­essen und darum, der US-Regierung Prügel vor die Beine zu werfen. Auch die Amerikaner haben den UNO-Sicherheit­srat schon für eigene Zwecke blockiert. Den USA fällt jetzt auf den Kopf, dass sie oft genug aus eigennützi­genMotiven in dasWeltges­chehen eingegriff­en haben. Aber anders als ihre Rivalen haben sie sich immer wieder auch als internatio­nale Ordnungsma­cht verstanden, indem sie etwa das Morden auf dem Balkan beendeten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria