Salzburger Nachrichten

Spanien wirbt für Sparspiele

Die Bewerbung für Olympia 2020 eint eine krisengesc­hüttelte Eu-nation

- RALPH SCHULZE

MADRID (SN). „Spanien braucht etwas, das Hoffnung macht“, sagt Alejandro Blanco, „eine kräftige Prise Optimismus.“Etwas, das nach den Nachrichte­n über die Wirtschaft­skrise, die Massenarbe­itslosigke­it und Korruption­sskandale wieder Freude mache und dem Königreich helfe, aus dem Tal der Tränen zu kommen. Alejandro Blanco ist Chef des Nationalen Olympische­n Komitees und oberster Trommler für Madrids Bewerbung um die Olympische­n Sommerspie­le 2020.

Stolz verweist Blanco darauf, dass die Zustimmung zur Bewerbung auf den Spitzenwer­t von 91 Prozent gestiegen ist – laut eigenen Umfragen zumindest. Sogar die großen Gewerkscha­ften und die sozialisti­sche Opposition stehen hinter einer Bewerbung. Die Erwartung, dass Olympia die lahmende Wirtschaft ankurbelt und dringend benötigte Jobs schafft, scheint die sonst so zerstritte­ne Nation weitgehend zu einen.

Olympiaprä­sident Blanco und Madrids konservati­ve Bürgermeis­terin Ana Botella garantiere­n dem darbenden Volk äußerst „sparsame Spiele“. Ohne pharaonisc­he Sportpaläs­te, die später niemand mehr braucht. Mit einem intelligen­tem Konzept, das Madrids bestehende Stadien, Hallen und sogar die Stierkampf­arena nutzt. Und mit einem vergleichs­weise geringen Steuergeld­einsatz von 1,5 Milliarden Euro.

Nur 1, 5 Milliarden Euro

Das ist ein Budget, das weit unter dem liegt, was die Konkurrent­en Istanbul und Tokio lockermach­en wollen. Russland gibt für dieWinters­piel in Sotschi im kommenden Februar nach offizielle­n Angaben 37,5 Milliarden Euro aus.

Mit dem hochheilig­en Gelöbnis der „Sparspiele“hat die Olympialob­by es geschafft, größere Proteste zu ersticken. Dazu kommt der Appell an den Stolz der Nation, die mit der Olympiaaus­richtung beweisen könne, dass es eine „Weltmacht im Sport“sei. Doch hinter der Fassade der offizielle­n Harmonie grummelt es auf der Straße vernehmbar.

Der Olympiatra­um überlagert derzeit die Sorge, dass sich das Land keine Extrawürst­e leisten kann. Die meisten der 47 Millionen Spanier müssen nach Steuererhö­hungen, Leistungsk­ürzungen und Einkommens­verlusten den Gürtel enger schnallen. Die Banken mussten 2012 vom EU-Rettungsfo­nds mit 40 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt werden. Der verschulde­te Staat kürzt mit der Axt, wo es besonders weh tut: in Kindergärt­en, Schulen, Universitä­ten, in Gesundheit­szentren und Spitälern, bei Hilfen für Arbeitslos­e, Arme, Familien, junge Leute, Pflegebedü­rftige und Senioren.

Ganz nebenbei ist der Olympiakan­didat Madrid die höchstvers­chuldete Kommune Spaniens. Mit mehr als sieben Milliarden Euro steht die Hauptstadt, in der etwa 3,2 Millionen Menschen leben, in der Kreide. Es ist die Quittung für öffentlich­e Misswirtsc­haft früherer Jahre. Deswegen soll nun für Olympia ganz wenig gebaut werden. Es fehlten nur noch das Olympische Dorf und ein paar andere sportliche Kleinigkei­ten, sagt das Organisati­onskomitee. Es ist nach der Bewerbung 2012 und 2016 Madrids dritter Versuch, ans Ziel zu kommen.

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