„Verurteilen das Massaker der Nazis an den Juden“
Im Iran suchen die gemäßigten Kräfte eine Entspannung des Verhältnisses mit demwesten
TEHERAN (SN). Es war sicherlich kein Zufall, dass der iranische Außenminister Jawad Sarif den Tweet einer prominenten amerikanischen Staatsbürgerin persönlich beantwortete. Das neue Jahr wäre noch schöner, wenn der Iran neben den Segenswünschen zum jüdischen Neujahr auch die Leugnung des Holocausts beenden würde, hatte Christine Pelosi, die Tochter der demokratischen Minderheitsführerin im US-Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, die Grußworte der iranischen Regierung zu Rosch Haschana kommentiert. „Die Islamische Republik hat das nie geleugnet“, schrieb Sarif auf Twitter – und fügte knapp hinzu: „Der Mann, der das getan hat, ist nun abgetreten“– womit Mahmud Ahmadinedschad gemeint war. Wenige Stunden später wurde Irans Au- ßenminister noch deutlicher. Auf seiner Facebook-Seite stellte er klar: „Wir verurteilen das von den Nazis verübte Massaker an den Juden und wir verurteilen das von den Zionisten verübte Massaker an den Palästinensern.“Die unverhältnismäßige Gleichsetzung von Juden- und Palästinenserverfolgung sei „ein Zugeständnis an die Hardliner gewesen“, meinte ein westlicher Diplomat in Teheran und begrüßte den „ überfälligen Kurswechsel“der Iraner. Die neue Regierung in Teheran sei of- fenbar entschlossen, ihr Verhältnis zum Westen nachhaltig zu entkrampfen. Ein weiteres Indiz für den Kurswechsel ist die Entlassung von Saeed Dschalili. Der erzkonservative Hardliner war seit 2007 Chefunterhändler bei den Verhandlungen mit den westlichen Staaten über das iranische Atomprogramm. Dschalilis Aufgaben wird fortan das Teheraner Außenministerium übernehmen. Abzuwarten bleibt, ob Sarif persönlich den Posten des Chefunterhändlers übernehmen wird.
Die Entspannungssignale aus dem Iran sind keine Überraschung. Schon während seines Wahlkampfs hatte der neue iranische Präsident Hassan Rohani die kompromisslose Haltung seines Amtsvorgängers Ahmadinedschad im Atomstreit mit demWesten infrage gestellt. Es sei gut, sag- te er, wenn sich die Zentrifugen drehen. Allerdings sollten sich auch die Räder in den iranischen Fabriken drehen können. Als Atomunterhändler hatte Rohani vor zehn Jahren einem mit Großbritannien, Frankreich und Deutschland ausgehandelten, zeitlich begrenzten Anreicherungsstopp zugestimmt. Die Umsetzung der Kompromisslösung scheiterte damals am US-Veto.
Heute besitzt der Iran mehr als 6,5 Tonnen auf fünf Prozent angereichertes Uran sowie fast 200 Kilogramm mit einem Anreicherungsgrad von 20 Prozent. Mit Drohungen und Sanktionen, betonte Rohani, werde man das iranische Atomprogramm nicht ändern können, wohl aber mit „Verhandlungen auf Augenhöhe“.
Die iranischen Schalmeienklänge kommen zu einem brisanten Zeitpunkt. Die USA sind zum militärischen Eingreifen in Syrien entschlossen. Glaubt man Ghasem Sulaimani, dem Kommandeur der „Quds-( Jerusalem)-Brigaden“, einer Spezialeinheit der iranischen Revolutionsgarden, will der Iran seinen Verbündeten Syrien „bis zum Ende“unterstützen. Mit welchen Mitteln sagte er nicht. Nach Informationen des „Wall Street Journal“sollen amerikanische Geheimdienste einen Befehl von Sulaimani an schiitische Milizionäre im Irak abgefangen haben. Diese seien aufgefordert worden, im Falle amerikanischer Interventionen in Syrien Anschläge auf USEinrichtungen im Irak durchzuführen. Militärexperten in der Region halten dies für möglich. Allerdingsmüsse man die irakischen Schiiten nicht ausdrücklich dazu auffordern.