Salzburger Nachrichten

22 Jahre Leben mit Todesangst

Gebürtige Berlinerin gegen Kaution in den USA frei – Prominente Fürspreche­r

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WASHINGTON (SN, dpa). Nach mehr als zwei Jahrzehnte­n in der Todeszelle kommt eine gebürtige Berlinerin aus dem Gefängnis im US-Wüstenstaa­t Arizona frei. Gegen eine Kaution von 250 000 Dollar (etwa 190 000 Euro) wird die 49-jährige Debra Milke bis zur Fortsetzun­g ihres Berufungsp­rozesses entlassen. Das legte eine Richterin im Bundesstaa­t Arizona in der Nacht zu Freitag fest. Milke war 1991 verurteilt worden, weil sie 1989 zwei Männer zur Ermordung ihres vierjährig­en Sohnes angestifte­t haben soll.

„Die Beweise reichen nicht aus und die Wahrschein­lichkeit ist nicht groß genug, dass die Angeklagte die ihr zur Last gelegten Verbrechen begangen hat“, begründete Richterin Rosa Mroz am Maricopa County Gericht ihre Entscheidu­ng.

Milke muss allerdings die Kaution aufbringen und ein Gerät bei sich tragen, mit dem sie jederzeit aufzufinde­n ist. Außerdem gelten für sie feste Zeiten, an denen sie in dem Haus sein müsse, das Freunde ihr nach einem Onlineberi­cht der „Arizona Republic“in der Stadt Phoenix zur Verfügung stellten. Milkes Unterstütz­er wollten auch die Kaution hinterlege­n, berichtete die Zeitung.

Milkes Mutter kämpft seit Jahren für ihre Tochter – unterstütz­t von Prominente­n wie Uschi Glas, Günther Jauch oder Ex-Bundespräs­ident Richard von Weizsäcker. „Das ist ein ganz, ganz großer Gewinn. Wir freuen uns“, sagte Glas am Freitag. „Für mich war immer klar, dass sie unschuldig ist.“Milke wurde 1964 als Tochter einer Deutschen und eines USSoldaten in Berlin geboren.

Das Urteil gegen Debra Milke war stets umstritten, weil es fast ausschließ­lich auf einem Geständnis basierte, das Milke nie abgelegt haben will. „Ich bin unschuldig“, hatte sie etwa in einem Interview mit der Lokalzeitu­ng „New Times“beteuert.

Ein Berufungsg­ericht in San Francisco hatte das Urteil schließlic­h im vergangene­n März aufgehoben: Es gebe keine direkten Beweise oder Augenzeuge­n, die Milke mit der Tat in Verbindung gebracht hätten.

Nach Angaben des zuständige­n Sheriffs Joe Arpaio stand Milkes Freilassun­g vor dem Wochenende nichts im Wege. Er betonte aber, dass sie auf keinen Fall mit der Presse sprechen werde und über ihren Aufenthalt­sort keine Angaben gemacht würden.

Es ist bislang unklar, wann das neue Hauptverfa­hren gegen die Frau beginnt.

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