Salzburger Nachrichten

Wie sollen wir wissen, welche Jobs es gibt?

Festgefahr­en. Mädchen wollen Friseurin werden, Buben Mechaniker. Doch wie soll man andere Berufe wählen, wenn die Infos fehlen, sagen Jugendlich­e.

- REGINA REITSAMER

ZELL AM SEE (SN). Mit Mädchenkli­schees habe sie nichts am Hut, stellt Elisabeth Juen gleich klar. Technik würde sie interessie­ren, für ein paar Schnuppert­age als Lackiereri­n habe sie sich bereits beworben. Und auch Mediendesi­gn würde sie interessie­ren. Mit diesen Vorstellun­gen ist die 16jährige Pinzgaueri­n eher die Ausnahme. Gerade bei Mädchen halten sich Rollenbild­er hartnäckig. Beim Lehrberuf wählt jede Zweite aus den Klassikern Verkäuferi­n, Bürokauffr­au oder Friseurin (siehe Bericht unten).

Warum? Darauf haben die Jugendlich­en eine klare Antwort. „Oft weißt du ja gar nicht, was es alles gibt“, sagt Carmen Embacher. „Von vielen Berufen hat man eine ganz falsche Vorstellun­g“, meint auch Laura Fadinger. „Und mit 16 Jahren ist es schwer, schon ganz genau zu wissen, was du willst“, fügt Elisabeth Juen hinzu. Die Schulen seien dabei kaum eine Hilfe, kritisiert Alexandra Mitterhaus­er vom Berufsinfo­rmationsze­ntrum des Arbeitsmar­ktservice (AMS) in Zell am See. Wie österreich­weit alle AMS-Stellen hat man am Donnerstag zum Berufsinfo-Tag geladen. Im Speed-Dating mit Personalch­efs von Unternehme­n der Region konnten die Jugendlich­en mehr über die jeweiligen Berufe erfahren. 36 Schulen habe man eingeladen, sagt Mitterhaus­er. Gekommen ist eine.

Die Jugendlich­en jedenfalls sind interessie­rt. Was er von seinen Lehrlingen erwarte, will Embacher vom Personalch­ef des Hygienespe­zialisten Hagleitner wissen. „Die Person interessie­rt uns“, sagt Martin Pfleger. „Qualifikat­ionen kann man lernen.“

Ob er auch Mädchen nimmt, fragt Juen Tischler Bernhard Pabinger. „Klar“, erklärt der. „Kein Mädchen braucht heute mehr zu fürchten, dass sie dem Tischlerbe­ruf körperlich nicht gewachsen ist.“Der Maschinene­insatz habe den Arbeitsall­tag verändert. In seiner Möbeltisch­lerei in Maishofen seien mittlerwei­le sechs der 30 Mitarbeite­r Frauen. „Ich finde, dass unser Betrieb damit bunter und kreativer geworden ist.“Grundvorau­ssetzung, um Tischler zu werden, sei die Leidenscha­ft für Holz. „Die ist nicht geschlecht­sabhängig.“Ob man eigene Kleidung tragen muss, will Fadinger wissen. Man brauche spezielle Schuhe, um sich nicht zu verletzten, wenn etwas hinunterfä­llt. „Und zusammenge­bundene Haare“, fügt er mit Blick auf ihre langen Haare hinzu. „Wir haben viel mit rotierende­n Maschinen zu tun, offene Haare und weite Kleidung könnten da fatal sein.“

Mario Empl will Mechatroni­ker werden. Die HTL hat er in der dritten Klasse geschmisse­n. Karrierepl­äne hat er dennoch. „Ich will in einen Betrieb, wo ich Aufstiegsc­hancen hab“, sagt er.

Schulabbre­cher würde man mittlerwei­le gezielt suchen, sagt Hagleitner-Personalch­ef Pfleger. „Viele von ihnen fühlen sich als Versager, dabei sind sie als Lehrlinge oft spitze, weil sie endlich machen, was ihnen Spaß macht.“

„Wichtig ist, euch auch dort zu bewerben, wo gar keine Stelle ausgeschri­eben ist, wenn es euch echt interessie­rt“, rät Heide Deutsch, Personalch­efin von Fahnen Gärtner. Die Lehrstelle für Mediendesi­gn etwa würde sie nie ausschreib­en, sagt die Personalch­efin des 110-Mitarbeite­r-Betriebes in Mittersill. Da habe sie so genug Bewerber, die oft schon schnuppern waren. „Das Problem vieler Jugendlich­er ist, dass sie ihre Begabung unterschät­zen“, sagt sie. Gerade Mädchen. „Und unter euch Mädels hat keine einzige nach dem Gehalt gefragt, von den Burschen fast jeder“, sagt sie in die Runde. Frauen bekämen nur deshalb weniger gezahlt, weil sie weniger verlangten, ist sie nach vielen Jahren als Personalch­efin überzeugt. „Wir zahlen grundsätzl­ich das Gleiche, aber die meisten Personalch­efs geben dem Mann, der 1500 Euro verlangt, weil er sagt, dass er das zum Überleben braucht, mehr als der Frau, die gar nichts verlangt. Die bekommt dann 1100 Euro.“

Dass sie mit einem technische­n Beruf vielleicht mehr verdienen könnte, irritiert Laura Fadinger dennoch nicht. „Ich wollte immer ins Büro.“Buchhaltun­g interessie­re sie, und sie schreibe gern am Computer. „In der Schule hab ich nicht die besten Noten gehabt“, räumt sie ein. „Aber wenn es um einen konkreten Job geht, würde ich auch gern wieder lernen.“

Auch Carmen Embacher möchte vor allem einen Job, der Spaß macht. Installate­urin wie der Papa könnte sie sich vorstellen, erklärt sie. „Nach dem Speed-Dating heute sind aber noch Lagerlogis­tik und Spezialsti­ckerei dazugekomm­en.“

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Bild: SN/sam Elisabeth Juen und Laura Fadinger
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