POPJAHR: Der Kalender ist schon prall gefüllt.
Popjahr, gut! Weil Popkünstler vor allem mit Livekonzerten ihr Geld verdienen, ist der Kalender für 2014 schon prall gefüllt.
SALZBURG (SN-bef). Es konnte nicht damit gerechnet werden, dass sich schon im Voraus sagen lässt: Es wird ein gutes Jahr. Erst recht nicht konnte nicht damit gerechnet werden, dass das für die Popmusik gilt. Die dümpelt seit einiger Zeit zwischen gesellschaftlicher Belanglosigkeit, unnötigen Posen und der Atomisierung der Hörerschaft in immer winzigere Unterbereiche von Subgenres. Die großen verbindenden Elemente, allumfassend sinnstiftende Popmusikfiguren kamen abhanden. Und doch: 2014 kommen ein paar Gustostückerl ins Land – und ein paar andere auch. Eine Auswahl zum Vormerken ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit oder Wichtigkeit. Geist und Stimme im Jänner Seit 20 Jahren arbeiten Slut aus Ingolstadt daran, Intellektualität und Unterhaltung in Songform unter die Leute zu bringen: Heraus kommt immer Indiepop von höchster Güte (20. 1., ARGEkultur Salzburg). Bei Michael Buble geht es dann weniger um die Hintergründigkeit als um die Kunst, einen Abend lang an der Oberfläche der Seligkeit zu gleiten (25. 1., Wien). Knallkopf im Februar Adam Green ist seit gut zehn Jahren der böseste und beste, charmanteste und frechste, witzigste und irrste Songwriter der Gegenwart – und er kann jede Zeile seiner Lieder tanzen (5. 2., Rockhouse, Salzburg). Und noch ein ewiger Songwritertipp: Suzanne Vega (23. 2., Wien). Während Adam Green oder Suzanne Vega in ihren Songs die Untiefen der Gegenwart ausloten, erinnern DepecheMode (8. 2., Wien) mit jeder neuen Show an jene Zeiten, als die Maschinen in der Popmusik eine Seele bekamen – sie sind dabei aber nicht so genial wie Kraftwerk (siehe Mai). Verschollene Helden im März Wer den Film „Searching for Sugar Man“über das unglaubliche Schicksal des großen Songwriters Sixto Rodriguez noch nicht gesehen hat, kann statt in Konzertkarten in die DVD investieren: Das erste Österreich-Konzert des 71jährigen Rodriguez (25. 3., Wien) ist ausverkauft. Dafür lässt sich ein paar Tage später in Salzburg eine Entdeckung machen: Da debütiert Sara Jackson-Holman mit einer zerbrechlichen Mischung aus Sehnsucht und Hysterie (28. 3., ARGEkultur). Außerdem halbwegs Verruchtes mit R’n’B-Durchstarter Jason Derulo (12. 3., Wien) und Carla Bruni (14. 3. Wien). Gar nicht verrucht, aber massentauglich; Fixes Inventar für Schmusebedürftige ist James Blunt (19. 3., Salzburg). Gegenentwurf zu Blunts leicht abwaschbarer Hitparaden-Oberfläche ist die Tiefe von RufusWainwright (28. 3. Wien). Ausverkauft im April Kurz und gut und mit einem neuen, seinem zweiten Swing-Album:
Disney-Mädel als Körperverkäuferin: Miley Cyrus wird in Wien Haut zeigen, Klatschspalten füllen und angeblich auch singen. Für den Natural-Born-Menschenfänger Robbie Williams gibt es zwei Mal keine Karten mehr, Aber er spielt sein Swing-Programm auch zum Skisaisonabschluss in Ischgl (5. Mai) und wem der swingende Robbie zu lieblich ist, der kann fürs gleiche Geld auch Frühlingsskifahren gehen. Wer’s empfindlich kritischer haben will: Ja, Panik (28. 4., Salzburg). Im Mai ist die Burg Kraftwerk Die Sensation! Popkulturell, pophistorisch und von seiner internationalen Bedeutung her ist es das wichtigste Pop-, ja vielleicht Kunstereignis des Jahres: Kraftwerk, die deutsche Band, die in den Musikcomputern eine Seele entdeckte und so die Popmusik bis zum heutigen Tage prägt, gastiert im Burgtheater. Aber nicht ein Mal, nicht zwei Mal, nicht drei oder vier Mal treten Kraftwerk auf: Nein, sie spielen acht Konzerte an vier Tagen. Dabei stellen sie zu 3D-Animationen ihr Gesamtwerk von „Autobahn“bis „Tour de France“vor. Im Rahmen der erstmals vom Salzburger Markus Hinterhäuser geleiteten Wiener Festwochen zeigt die Düsseldorfer Band dieses Projekt vom 15. bis zum 18. Mai nach Auftritten in New York, London, Düsseldorf, Los Angeles, Sydney und Tokio erst zum siebten Mal weltweit. Hinterteile für den Juni Das Talent von Miley Cyrus liegt darin, mit nackter Haut von ihrer Musik abzulenken. Aber das beherrscht sie wie niemand sonst (10. 6., Wien). Schon ein paar Tage früher kommt einer, der wie Cyrus auch Kinderstar beim „Mickey Mouse Club“war: Justin Timberlake (4. 6., Wien). Der Juni bietet aber auch Gegenentwürfe zur glitzernden Popseligkeit, die sich vor allem aus Glamour und CelebrityFaktoren nährt. Da sind etwa die böse schneidenden Gitarren und die Industrialbeats von Nine Inch Nails (9. 6., Wien). Beim NovaRock-Festival gibt mit den Dezibelopas von Black Sabbath einen intensiven Lehrkurs im Fach „Taub, teuflisch und eben deshalb absolut unverzichtbar“. Unterstützt werden Ozzy und Co. dabei von anderen Helden der Lautstärke: Zu dem Festival nach Nickelsdorf kommen auch Iron Maiden, Soundgarden und Megadeth (13.–15. 6.). Klassisch rockig mit viel Hirnschmalz und Emotion machen’s dann während des letzten Tages der Vorrunde bei der Fußball-WM Pearl Jam (25. 6., Wien). Heiliger Lärm im Juli Im Juli kann man dann studieren, wo Pearl Jam unter anderem ihr Handwerk gelernt haben: „Live at the Cellar Door“heißt das neue, folkig akustische Album von Neil Young – aufgenommen vor 44 Jah- ren. Bei der anstehenden Tournee werden auch alte, ewige Songs auftauchen, aber es wird lauter: Der Große Vorsitzende der Rockmusik schaut mit seinen alten Freunden Crazy Horse vorbei (23. 7., Wien). Weniger heilig, dafür aber lauter und angepasster an den Geschmack vieler geht es bei Metallica zu (9. 7., Wien). Schauspieler und Musiker Jared Leto gastiert mit seinen 30 Seconds To Mars auch (1. 7., Wien). Am gleichen Tag können sich ältere Semester noch einmal an popigem Rock, Melancholie und Reibeisenstimme erfreuen: Da kommt – wie zu hören ist, zum letzten Mal – Rod Stewart vorbei. August auf den Feldern Die Festivals sprießen, wenn die Sonne scheint. Unter den vielen ist Frequency in St. Pölten wieder einmal am prominentesten besetzt – unter anderem mit Queens Of The Stone Age und Placebo. Wer sich an jene Zeiten erinnern will, als es ein Genre namens HairRock gab, hat es in Graz gut. Am Schwarzlsee schwitzen Twisted Sister (1./2. 8.). Wer es in eben diesen Tagen anspruchsvoller mag, ist beim Stuck!-Festival im Salzburger Rockhouse gewiss besser aufgehoben, auch wenn noch gar keine Bandnamen bekannt sind (1/2. 8.). Herbst der alten Dame Weil die Popmusik ein Geschäft des Jetzt ist, weiß man vom Herbst noch nicht viel – u. a. werden Son of The Velvet ihr seelenvolles Liedgut unter die Leute bringen. Noch so viel ist klar: Es kommt zum Besuch der alten Dame. Marianne Faithfull feiert 2014 ihr 50. Jahr im Popgeschäft – was im Bett mit den Rolling Stones begonnen hat, ist eine der erstaunlichsten (Über-)Lebensgeschichten der Popmusik (16. 11., Wien, Konzerthaus). Alt geworden sind auch ehemalige JungHüpfer: Die Fantastischen Vier werden mit neuem Album den Advent einläuten (3. 12., Wien).