Der Neujahrsvorsatz lautet: mehr Sachlichkeit
Heute ist der Tagmeiner letzten Kolumne in den „Salzburger Nachrichten“. Grund genug für eine Bilanz. 1. Es ist leicht, Begeisterung zu ernten, wenn man pauschal auf Politik und Parteien hinhaut. Teilweise gilt das für öffentliche Institutionen jedweder Art. Für Rundumschläge gegen die Politiker, die Beamten, die Lehrer usw. gibt es billigen Applaus. Kolumnisten sind daher in Versuchung, sich mit verallgemeinernden Vorwürfen gegenüber Regierung und/oder Opposition beliebt zu machen und hier sowohl inhaltlich als auch sprachlich das eigene Niveau zu unterschreiten. Wer das zu oft macht, hilft mit einem kleinen Puzzlestein ungewollt jenen, die sich als Totengräber der Demokratie betätigten.
2. DieMehrheit der Politikerreaktionen auf die Kolumne enthielt entwe- der ein generelles „Wow!“oder ein ebenso grundsätzliches „Sch. . .!“. Seltener war ein konkreter Inhaltsbezug. Natürlich geht es nicht darum, ob jemand zustimmt oder komplett anderer Ansicht ist. Kolumnen sind ein Meinungselement. Doch wo kommen wir hin, wenn statt Kritik im konkreten Fall alles und jedes gut- bzw. schlechtgemacht wird? Politische und mediale Akteure sollten sich gleichermaßen mehr zu Herzen nehmen, dass fast nie irgendeine Gruppe von Andersdenkenden sowieso aus lauter Vollidioten bestünde, die ausnahmslos Quatsch verzapfen.
3. Ungefähr eine von vier Kolumnen imMonat war lobend gemeint. Sie führte meistens zu einem empörten Leserecho. Wie jedoch kann Demokratie als Positivum vermittelt werden, wenn alles mit demWortstamm „Politik“laufend als Inbegriff des Negativen gesehen wird? Wer da keine Antwort findet, muss seine Negativität hinterfragen.
4. Für einenWissenschafter fast unlösbar ist das Dilemma, komplexe Themen und Zusammenhänge mit nur 2500 Buchstaben zu beschreiben. Obwohl durchschnittlich zwölf Sekunden Originalton in Fernsehbeiträgen noch kürzer sind, bleibt viel Wichtiges stets ungesagt. Freilich wäre es ein dummesWehklagen, quasi 25 Stunden pro Tag TV oder Zeitungen zum Ausklappen zu wollen. Man hat sich Woche für Woche der Herausforderung zu stellen, es best- möglich zu machen. Hoffentlich ist das mehrheitlich gelungen, und zugleich hoffe ich für geplante Folgeformate auf eine größere Zeichenzahl.
PS: Meine Erfahrungen beziehen sich auf die Dreiecksbeziehung von Politik undMedien plus deren Publikum. Denn es sind nicht allein die Parteien für die Qualität der politischen Diskussion verantwortlich. Deren inhaltsleere Inszenierungen erübrigen sich, wenn sich nicht Billigblätter finden, die darüber schreiben. Solche Berichte wiederum wären sinnlos, sobald das Wählerund Leserinteresse fehlt. Fassen wir daher alle den Neujahrsvorsatz für mehr Sachlichkeit.