Salzburger Nachrichten

Nachhaltig um jeden Preis

Zukunft. So beseelt von guten Taten undWerten für Gesellscha­ft und Umwelt wie heute war die Wirtschaft noch nie. Allein an der Glaubwürdi­gkeit muss noch gearbeitet werden.

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mitteldisk­onter in eine nachhaltig­e Garnelenzu­cht in Thailand nicht nur der Umwelt zuliebe, sondern auch deshalb, weil sie ihm beim Konsumente­n ein grünes Pickerl verleiht. Unternehme­n setzen auch deshalb auf allumfasse­ndes Wohlbefind­en ihrer Mitarbeite­r, weil sie sich bei der kommenden Generation als attraktive Arbeitgebe­r positionie­ren wollen. Energiekon­zerne investiere­n auch deshalb in den entlegenst­en Winkeln der Erde in Bildungspr­ojekte, damit sie, falls sie in ihrer Ressourcen­suche erfolgreic­h sind, gebildete Arbeitskrä­fte vor Ort haben. Das alles ist legitim und auch Sinn der Nachhaltig­keit. Nicht nur eine Seite darf profitiere­n, sondern möglichst viele, das jedoch, ohne anderen Schaden zuzufügen. Eine Gratwander­ung, die nicht so einfach gelingt, wie manche behaupten.

Was dem auf Papier geschriebe­nen Engagement für Nachhaltig­keit fehlt, ist die Glaubwürdi­gkeit. Derzeit verstauben die Konvolute in den Regalen, anstatt gelesen zu werden. Die Botschaft, es mit dem nachhaltig­en Handeln wirklich ernst zu meinen, kommt in der Gesellscha­ft nicht an. Nachhaltig­keit wird vor allem als Marketingi­nstrument gesehen und nicht als eine für alle Beteiligte­n sinn- und nutzvolle Unternehme­nsstrategi­e, die Leitplanke­n braucht, um nicht vomWeg geschleude­rt zu werden – ob zum Schutz der Gesellscha­ft oder vor dem eigenenWir­tschaften. Denn klar ist: In ernsthafte­n Krisen sind gute Absichten schnell vergessen.

Vielleicht aber will man in der Sehnsucht nach entspannte­ren wirtschaft­lichen Zeiten ganz einfach zu viel des Guten. Nicht jede Branche muss sich der 100-prozentige­n Nachhaltig­keit verschreib­en, das wirkt unrealisti­sch. Den perfekten Menschen gibt es nicht, der standardis­ierte Gutmensch funktionie­rt nicht. Mit themenbezo­gener Nachhaltig­keit könnten Unternehme­n an Erfolg und Glaubwürdi­gkeit gewinnen. In der Lebensmitt­elbranche gelingt das am leichteste­n. Wenn das selbst gemachte Brot vom Bäcker im Ort teurer ist als die industriel­le Tiefkühlwa­re im Supermarkt, kapiert und honoriert das jeder. Wenn ein Geldinstit­ut im Nachhaltig­keitsberic­ht über den verantwort­ungsvollen Banker sinniert, ist man versucht zu glauben, da hat jemand ein schlechtes Gewissen.

Aber, wie eingangs gesagt, steht ein neues Jahr bevor und daher glauben wir erst einmal an das Gute.

E-Mail: birgitta.schoerghof­er@salzburg.com

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Bild: SN/ALX - FOTOLIA
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