Testament unter strengen Formvorschriften
Ein bloßes „Danke“an die Testamentszeugen ist zu wenig, um die Gültigkeit des Letzten Willens zu begründen
DR. JOHANN SCHILCHEGGER, Rechtsanwalt in St. Johann/Pongau Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Errichtung einer letztwilligen Verfügung. Allen gemeinsam ist, dass sie nur dann gültig sind, wenn dabei die gesetzlichen Formvorschriften exakt eingehalten werden. Beispielsweise setzt die Gültigkeit eines nicht eigenhändig geschriebenen Testaments unter anderem voraus, dass der Testator zusätzlich zu seiner Unterschrift vor drei fähigen Zeugen ausdrücklich erklärt, der betreffende Aufsatz enthalte seinen LetztenWillen.
Der Oberste Gerichtshof hat dazu in einer viel diskutierten Entscheidung vom 20. 11. 2012, 5 Ob 185/12k, mit aller Deutlichkeit betont, dass jeder Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben „selbst bei klarem und eindeutig erweisbarem Willen“unabwendbar zur Ungültigkeit führt.
Begründet wird diese durchaus hinterfragenswerte Ansicht mit der Warn- und Beweisfunktion, die den einzelnen Formvorschriften beizumessen sei. Außerdem solle dadurch „das Unterschieben einer vom Testator nicht gewollten letztwilligen Verfügung“ebenso verhindert werden wie „Streitigkeiten nach seinem Tod“.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die an Krebs erkrankte Erblasserin ließ sich von ihrem Rechtsanwalt erbrechtlich beraten und einen Testamentsentwurf vorbereiten. Wenige Tage vor ihrem Tod behob ihr Lebensgefährte die Urkunde und brachte sie ihr in das Krankenhaus.
Eine behandelnde Ärztin und zwei diensthabende Krankenschwestern erklärten sich bereit, als Testamentszeuginnen zu fun-
eines
Testaments gieren. Gemeinsam wurde über das Testament gesprochen und eine der beiden Krankenschwestern erkundigte sich ausdrücklich, ob es sich auch tatsächlich um jenes der Patientin handle.
Die Erblasserin selbst hat dies allerdings nicht wörtlich bestätigt, sondern nur einen Kugelschreiber verlangt, die Urkunde unterschrieben, anschließend den drei Zeuginnen bei deren Unterfertigung zugesehen und sich sodann bei ihnen bedankt.
Es bestand kein Zweifel daran, dass sie trotz ihrer schweren Erkrankung damals geistig in der Lage war, den Text und den Testiervorgang jeweils als solchen zu erfassen. Vor allem aber entsprach der Inhalt des unterschriebenen Testaments nach Überzeugung des Gerichts erwiesenermaßen ihremWillen.
Dennoch hat richtshof seine der Oberste Ge
Gültigkeit ver- neint und die Klage des darin großzügig bedachten Lebensgefährten abgewiesen, weil die Verstorbene eben nicht ausdrücklich erklärt hatte, dass dieser Aufsatz ihrem Letzten Willen entspreche. „Der von der Erblasserin nachträglich gegenüber den Testamentszeuginnen bekundete Dank“sei „eine ambivalente Verhaltensweise“und könne daher „unterschiedlichste Gründe gehabt haben, wie etwa auch die allgemeine retrospektive Anerkennung für entgegengebrachte Zuwendung, Aufmerksamkeit und Pflege.“
Im Ergebnis misst der Oberste Gerichtshof also der Einhaltung des gesetzlich vorgegebenen Zeremoniells mehr Bedeutung bei als dem tatsächlichenWillen der Erblasserin. Die zweifellos gut gemeinte Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft aller Beteiligten vermochte daran nichts zu ändern.