Polarschiff wartet auf Rettung
Expedition. 74 Menschen hat das Polareis 2800 Kilometer südlich von Australien eingeschlossen. Ein Rettungsversuch ist gescheitert, einer wurde abgebrochen. Eine Hoffnung gibt es noch.
SYDNEY (SN, dpa). Eine meterdicke Eisschicht stellt 74 Wissenschafter und Touristen im Polarmeer vor eine Geduldsprobe. Seit fast einer Woche sitzen die Passagiere und die Besatzung des Forschungsschiffs „MV Akademik Shokalskiy“im Polareis fest. Nach einem gescheiterten Rettungsversuch warteten die Menschen an Bord am Sonntag auf den australischen Eisbrecher „Aurora Australis“. Wenn er es nicht schaffe, einenWeg durch das Eis zu bahnen, sollen die Passagiere per Hubschrauber gerettet werden, teilte die australische Seesicherheitsbehörde (Amsa) mit.
Der Hubschrauber ist an Bord des chinesischen Eisbrechers „Snow Dragon“. Dieses Schiff war am Freitag zwar bis auf Sichtweite an das Forschungsschiff herangekommen, konnte das Eis auf den letzten Kilometern aber nicht durchbrechen. Der „Snow Dragon“blieb für einen Rettungseinsatz in der Nähe. Am Sonntag überflog ihr Hubschrauber die „Shokalskiy“unter dem Jubel der Passagiere.
Die Stimmung an Bord sei bestens, berichten Expeditionsteilnehmer. Dabei sind auch 26 Touristen, die ihren Familien per Videobotschaft versicherten, das niemand in Gefahr sei. „Hallo Mama und Papa, ihr habt es bestimmt gehört: Wir sitzen ein bisschen im Eis fest, aber macht euch keine Sorgen“, erzählt zum Beispiel Patrick Bevan am Sonntag. „Wir waren heute auf dem Eis, der Trainer hat einen Parcours eingerichtet, so konnten wir ein bisschen rumrennen – ihr seid sicher froh zu hören, dass ich mich fit halte.“Alicia Guerrero geht auf Tuchfühlung mit den Pinguinen: „Es geht uns so fantastisch gut hier, ich habe schon Millionen von Fotos gemacht“, erzählt sie fröhlich.
Seit dem ersten Weihnachtstag sitzen dieMenschen 2800 Kilometer südlich von Hobart in Australien fest. Das Schiff war schon fast auf dem Nachhauseweg, als ein plötzlicher Wetterwechsel Eis in die Bucht trieb, in der es fuhr. Die Lage hat sich seit dem Heiligen Abend, als sich der Eisring um die „Shokalskiy“schloss, deutlich verschlechtert. Erst waren es nur zwei Kilometer Eis, die das Schiff vom offenen Meer trennten – ein Klacks für jeden Eisbrecher. Dann waren es über Nacht plötzlich 20 Kilometer Eis. Grund zur Sorge gebe es dennoch nicht: „Wir haben jede Menge Brennstoff und frisches Essen für zwei Wochen an Bord“, versicherte Expeditionsleiter Chris Turney. Für weitere sechs Wochen gebe es köstliche Trockenmahlzeiten.
Jetzt heißt es weiter warten: Nach dem Scheitern des „Snow Dragon“bliesen die Behörden einen weiteren Rettungsversuch ab. Ein französischer Eisbrecher kehrte wieder um. Letzte Hoffnung war deshalb die „Aurora Australis“. Sie sollte die „Shokalskiy“in der Nacht zu Montag Ortszeit erreichen. Sie ist mit 95 Metern Länge deutlich kleiner als der „Snow Dragon“.