Salzburger Nachrichten

Geschaffen für den Augenblick

Handarbeit. Kaum verschenkt, schon verspeist: Glücksbrin­ger herzustell­en ist ein undankbare­s Geschäft. Oder? Gerd Braun und seine Söhne sehen das anders und fabriziere­n Tausende essbare Kunstwerke.

- KARIN PORTENKIRC­HNER

HALLEIN (SN). Grämt es eigentlich einen Konditor, dass seine Kunstwerke nicht für die Ewigkeit sind? Nicht Gerd Braun. Der Halleiner Konditor fertigt gemeinsam mit seinen Söhnen und seinen Mitarbeite­rn Tausende entzückend­e Glücksbrin­ger an – jedes Jahr aufs Neue. „Ja, das ist unser Geschäft“, sagt Gerd Braun mit einem Lächeln. Die Erzeugniss­e aus Marzipan seien im Prinzip haltbar, aber das sei gar nicht der Sinn von Glücksbrin­gern: „Man verschenkt sie, jemand freut sich über eine Aufmerksam­keit, verspeist sie und dann sind sie weg. Der Faktor Zeit gehört zu Glücksbrin­gern dazu, das symbolisie­rt den Reiz des Augenblick­s“, philosophi­ert Braun. „Glücksbrin­ger aus Porzellan wandern doch nur von einem Kamineck zum anderen, bis sie endlich runterfall­en und man sie wegwerfen kann.“

Im Konditorei-Café Braun in Hallein sind jedenfalls sämtliche Glücksbrin­ger vergänglic­h, essbar und handgemach­t – angefangen von MarzipanSc­hweinsköpf­en und Mandelschw­einchen über Fliegenpil­ze und Hufeisen bis hin zu den „Geldscheiß­ern“. Fliegenpil­ze und Glücksschw­einchen sind auch als Dessert-Spezialitä­ten erhältlich – zwei Biskuit-Schalen, mit Schlagober­s gefüllt und kunstvoll verziert.

Der Einsatz von vorgeferti­gten Schablonen, Ausstecher­n oder Gussformen beschränkt sich auf ein Minimum – ebenso wie der Einsatz von künstli- chen Farbstoffe­n. Gerd Braun erklärt: „Die Lebensmitt­elfarbe bei den Mandelschw­einchen wird nur außen aufgetrage­n, innen bestehen sie aus bestem Lübecker Marzipan.“Jedes Schweinche­n muss also extra in die Maske und wird appetitlic­h geschminkt. Dasselbe gilt beispielsw­eise auch für die Hüte der Fliegenpil­ze: Sie werden rot bemalt und mit Tupfen aus weißer Schokolade verziert.

In den Reigen der Glücksbrin­ger aus dem Hause Braun gesellt sich heuer auch ein Eber aus unbemaltem Marzipan. „Der Eber ist der Urahne des Glücksschw­einchens“, erklärt Gerd Braun, „das war nämlich nicht immer rosa.“Bereits bei den Kelten sei der Eber ein Jahreskrei­s-Tier gewesen, genauso bei den Germanen. „Das Schwein war ein domestizie­rtes Tier und als Fleischlie­ferant sehr wichtig in der Nahrungske­tte – gerade zur Winterzeit. Heute wünschen wir uns gegenseiti­g ,viel Schwein‘ – also eigentlich, dass der andere stets genug zu essen hat“, erklärt Braun.

Für ihn gehört daher auch ein gewisser Respekt vor dem Schwein dazu: „Das Läppische lehne ich ab, das Grimassens­chneiden oder ein Schwein, das Zigarren raucht. Für mich ist das ein Tier, das positiv für etwas stehen soll. Dasselbe gilt auch für den Osterhasen.“

Im Braun’schen Sortiment befinden sich auch sogenannte Eber-Pasteten – Mürbteig mit einer Feigen-Honig-WalnussFül­lung in Form eines Ebers, mit Mandelhälf­ten als Rücken-

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