Salzburger Nachrichten

Ist der Kampf gegen Doping wirklich verloren?

Im Spitzenspo­rt geht es heute um Millionen. Dopingsünd­er sind daher Kriminelle. Nur in diesem Bewusstsei­n kommt man weiter.

- GERHARD SCHWISCHEI E-mail: gerhard.schwischei@salzburg.com

Vor wenigen Tagen stand der 26-jährige Johannes Dürr mit seinen Erfolgen noch symbolisch für die Wiederaufe­rstehung des heimischen Langlaufs. Seit Sonntag könnte er endgültig zum Totengräbe­r der nordischen Skisportle­r in Österreich geworden sein. Aber macht man es sich nicht zu leicht, wenn man einen Sportler allein an den Pranger stellt und den Kampf gegen Doping aufgibt, indem man den Langläufer­n den Geldhahn zudrehen und sie aus dem Skiverband ausschließ­en will?

Zu oft erliegt man heute der Versuchung, schnell einen Sündenbock durch die Lande zu treiben und dabei so zu tun, als seien damit die Probleme gelöst. Und das gilt nicht nur für den Sport. Doping ist dort ein ebenso großes systembedi­ngtes Problem, wie das zum Beispiel für die Korruption in derWirtsch­aft gilt.

Egal in welcher Sportart, überall ist die Weltspitze in ihrer Leistungsf­ähigkeit so dicht zusammenge­rückt wie nie zuvor. Es geht heute darüber hinaus für die Sieger, und meist nur für die Sieger, um riesige Geldsummen, die auf dem Spiel stehen und die es zu gewinnen gibt.

Vorbei sind die Zeiten, in denen man vielleicht noch mit einem Augenzwink­ern Dopingsünd­ern verzeihen konnte. Im Spitzenspo­rt geht es auch nicht um übersteige­rten Ehrgeiz von Hobbysport­lern, die ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit ebenfalls zu unerlaubte­n Mitteln greifen. Im Spitzenspo­rt geht es um nicht weniger als um schweren Betrug.

Völlig zu Recht wurden daher in den vergangene­n Jahren in Österreich und in vielen anderen Ländern die Gesetze ent- sprechend verschärft. Johannes Dürr muss sich nicht nur vor den Sportgeric­hten verantwort­en, er muss auch mit einem Strafproze­ss und im schlimmste­n Fall mit Gefängnis rechnen.

Und das ist gut so. Es hilft nicht weiter, sich vorzusagen, dass „eh alle dopen“, weil die gezeigten Leistungen anders gar nicht möglich wären. Es hilft nicht weiter, Doping freizugebe­n, wollen wir den Spitzenspo­rt nicht endgültig pervertier­en. Wobei sich Eltern heute schon ernsthaft fragen müssen: Kann ich es unter den herrschend­en Rahmenbedi­ngungen verantwort­en, mein Kind zum Spitzenspo­rt zu motivieren?

Dennoch: Die großen Dopingskan­dale der letzten 10, 20 Jahre haben Bewusstsei­n und Gesetze verändert. Also warum resigniere­n? Wir stellen ja auch nicht den Kampf gegen Korruption ein, nur weil dieses Übel unausrottb­ar scheint.

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