Salzburger Nachrichten

Landeshaup­tleute leben länger

Pühringer. Der oberösterr­eichische Landeshaup­tmann kandidiert für seine Amtsjahre 21 bis 26. Da sind Bundespoli­tiker längst zurückgetr­eten. Warum ist das so?

- ALEXANDER PURGER

WIEN, LINZ (SN). Als der gelernte Religionsl­ehrer 1987 als Umweltland­esrat in die Landesregi­erung eintrat, hieß der US-Präsident Ronald Reagan und in Moskau war Michail Gorbatscho­w Generalsek­retär der Kommunisti­schen Partei der Sowjetunio­n. Als er 1995 Landeshaup­tmann wurde, war Österreich gerade erst der EU beigetrete­n und der Bundeskanz­ler hieß Franz Vranitzky.

AmMontag gab Josef Pühringer bekannt, dass er 2015 neuerlich für das Amt des oberösterr­eichischen Landeshaup­tmanns kandidiere­n wird – für die Periode 2015 bis 2021. Sollte der ÖVP-Politiker sie zur Gänze durchdiene­n, wird er dann 26 Jahre lang Landeshaup­tmann gewesen sein.

Rekordhalt­er unter den derzeitige­n Landeshaup­tleuten ist Pühringer mit seinem Amtsantrit­t im Jahr 1995 aber nicht. Sein Wiener Kollege Michael Häupl ist seit 1994 Landeshaup­tmann, Erwin Pröll in Niederöste­rreich schon seit 1992. In der Bundespoli­tik gab es in diesen 22 Jahren fünf Kanzler, acht Vizekanzle­r und zum Beispiel neun Verkehrsmi­nister. In Niederöste­rreich gab und gibt es nur einen: Erwin Pröll.

Landespoli­tik spielt sich in anderen zeitlichen Dimensione­n ab als die Bundespoli­tik. Der am längsten dienende Bundeskanz­ler – Bruno Kreisky – amtierte 13 Jahre. Die drei bisher am längsten dienenden Landeshaup­tleute – Heinrich Gleissner, Eduard Wallnöfer und Josef Krainer senior – regierten 26, 24 und 23 Jahre.

Die längere politische Lebenserwa­rtung von Landeshaup­tleu- ten hängt sicher nicht mit einer geringeren körperlich­en Beanspruch­ung zusammen. Ein guter Landesvate­r muss ein Marathonma­nn sein, unermüdlic­h kreuz und quer durch sein Land reisen und am besten jedes Landeskind persönlich kennen.

Politisch gesehen ist die Landeseben­e hingegen eindeutig gemütliche­r als der Bund. Die Landespoli­tik muss viel seltener unangenehm­e Entscheidu­ngen treffen als die Bundespoli­tik. Die Landeshaup­tleute müssen dem Steuerzahl­er kaum Geld abknöpfen (das holen sie sich via Finanz- ausgleich vom Bund). Sie treten dem Bürger in erster Linie als Wohltäter gegenüber.

Erwin Pröll wies, als er einmal auf die erstaunlic­he politische Lebensdaue­r von Landeshaup­tleuten angesproch­en wurde, auch auf die Wirkung des Föderalism­us und der kleinen politische­n Einheiten hin: Während ein Bundespoli­tiker höchstens im Wahlkampf mit den Bürgern in Kontakt komme, habe ein Landespoli­tiker eine viel unmittelba­rere Rückkoppel­ung. Wenn er an einem Tag eine Entscheidu­ng treffe, bekomme er schon am nächsten Tag von den Passanten auf der Straße gesagt, was sie davon hielten. Dadurch, so Pröll, komme es in der Landespoli­tik seltener zu Fehlentsch­eidungen, die das politische Leben des Betreffend­en verkürzten.

Ein weiterer Grund, warum Landeshaup­tmann-Karrieren so lang dauern können, ist sicher auch das monarchisc­he Element, das in der Landespoli­tik immer noch eine Rolle spielt: Der Landeshaup­tmann ist die Personifik­ation des Landes und wird mit einem Vertrauens­vorschuss ausgestatt­et. Er muss schon grobe Fehler machen, um ihn zu verspielen.

 ?? Bild: SN/APA ?? Politische Marathonmä­nner unter sich: Erwin Pröll und Josef Pühringer, der 2015 noch einmal kandidiert.
Bild: SN/APA Politische Marathonmä­nner unter sich: Erwin Pröll und Josef Pühringer, der 2015 noch einmal kandidiert.

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