USA schrumpfen die Armee
Rotstift. Us-verteidigungsminister Chuck Hagel will die Army auf die Truppenstärke vor dem Zweitenweltkrieg reduzieren.
WASHINGTON (SN). Sicherheitshalber holte sich der Minister vor der Präsentation seiner Haushaltsvorschläge den Segen seiner Kommandeure ab. Die „Joint Chiefs of Staff“gaben Hagel Rückendeckung für die drastischen Sparmaßnahmen, die einen Abbau der Landstreitkräfte auf 440.000 bis 450.000 Soldaten vorsehen. Damit geht der Pentagon-Chef noch über die bisher vorgesehene Reduzierung der Army hinaus, die bereits für lautes Grummeln im Kongress gesorgt hatte.
Auch bei der Rüstungsindustrie und innerhalb des Pentagon regt sichWiderstand gegen das Zusammenschrumpfen der Army auf eine Truppenstärke, wie sie zuletzt 1940 vor dem Zweiten Weltkrieg bestand. „Das wird eine Schlacht gegen den Berg“, sagt Mieke Eoyang von der Denkfabrik „Third Way“in Washington voraus. In der politischen Umgebung eines Wahljahres sei es für Kongressmitglieder extrem schwierig, größeren Veränderungen zuzustimmen. „Gott segne Mr. Hagel, einen Versuch zu unternehmen, die Kosten unter Kontrolle zu bekommen.“Dabei hat der Kongress den Verteidigungsminister in die Situation gebracht, Sparpotenziale zu erschließen. Dank der automatischen Kürzungen des sogenannten Sequesters wird das Pentagon-Budget noch über die Deckelung auf 496 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 hinaus abgebaut. „Verteidigungsminister Hagel hat wiederholt klargemacht, dass es ihm anders lieber wäre, er aber keine andere Wahl hat“, rechtfertigt Pentagon-Sprecher John Kirby den Entwurf.
Im laufenden Haushaltsjahr haben die US-Streitkräfte noch rund 600 Milliarden Dollar zur Verfügung – mehr als das Militär in jedem anderen Land der Welt. Pro Kopf entspricht das Ausgaben von 2000 Dollar im Jahr. Verglichen damit gibt China, das im globalen Vergleich auf dem zweiten Platz liegt, bei einem Verteidigungshaushalt von 112 Milliarden Dollar je Einwohner nur 83 Dollar aus. Deutschland lässt sich die Streitkräfte als Achtplatzierter 540 Dollar je Bürger kosten.
Hagels Rotstift zum Opfer fallen sollen auch A-10-Kampfflugzeuge der Air Force, die einmal beschafft worden waren, um Panzer aus der Luft zu bekämpfen. Zur Ausmusterung vorgesehen ist darüber hinaus das legendäre U2Spionageflugzeug, für das es neben der unbemannten Aufklärungsdrohne „Global Hawk“keinen Bedarf mehr gibt. Unangetastet bleiben die Ausgaben für die Kriegsführung im Cyberspace sowie für die Flugzeugträger der Supermacht.
Besonders kontrovers in den USA sind die geplanten Kürzungen beim Sold sowie den Sozialund Pensionsleistungen. Personalkosten machen rund die Hälfte der Verteidigungsausgaben aus. Demnach müssen Offiziere für ein Jahr ganz auf Gehaltserhöhungen verzichten, während die unteren Dienstgrade mit einem Zuwachs von einem Prozent unter der Inflationsrate bleiben. Gleichzeitig will das Pentagon steuerfreie Mietzuschüsse und andere Privilegien streichen. Nicht angetastet werden bisher Pensionsbezüge.
„Es hat keinen Sinn, eine große Bodenstreitmacht zu behalten, wenn man keinen Bodenkrieg führt“, rechtfertigt ein hoher Mitarbeiter der Regierung gegenüber der „New York Times“die Einschnitte. „Wir werden immer noch eine bedeutsame Armee haben, die agil, schlagkräftig und modern sein wird.“Kritiker der geplanten Kürzungen bezweifeln, ob die Streitkräfte weiterhin in der Lage sein werden, zwei Kriege zur gleichen Zeit zu führen. Ein Anspruch, an dem sich amerikanische Militärplaner seit dem Kalten Krieg orientiert haben.