Salzburger Nachrichten

Weißer König atmet den Takt des ewigen Lebens

Blues. Ein Ausflug in den Blues mit John Mayall, genannt „weißer König des schwarzen Blues“, ist eine Reise, die keine Zeit kennt.

- BERNHARD FLIEHER

SALZBURG (SN). Sonny Boy Williamson bläst die Mundharmon­ika schon seit 66 Jahren im BluesHimme­l. Als Williamson, „Vater der modernen Blues Harp“, im Jahr 1948 starb, war John Mayall, auch mit der Mundharmon­ika zu großen, emotionale­n Momenten fähig, gerade 14 Jahre alt. Und noch einmal knapp 20 Jahre später trat Mayall mit seinem ersten Album in die Öffentlich­keit. So wurde er Wiederentd­ecker des Blues, der dann über Erfolge in Europa denWeg zurückfand in die USA.

Wenn nun im ausverkauf­ten republic in Salzburg ein uralter Song von Williamson und kurz danach „Heartache“von Mayalls erstem Album klingen, löst sich die Zeit auf. Mayall kriecht in Williamson­s „Help Me!“, verbeugt sich vor einem Urahn des Blues, um schließlic­h zu zeigen, wie er selbst dieses Genre versteht: tief gefühlt und virtuos. Dafür wird er von zum größten Teil männlichen Besu-

John Mayall, Legende der britischen Musikszene, füllte das republic in Salzburg. chern euphorisch beklatscht, die womöglich, damals als sie noch jung waren, dank Mayall auf den Blues gekommen sind. Alles, so zumindest macht es den Eindruck, ist eine Frage des Alters. Die Frage ist nur: Was ist „alt“? Mayall ist 80. Er war Lehrmeiste­r mehrerer Generation­en von Musikern. In seiner Band Bluesbreak­ers spielten unter anderem Eric Clapton, Mick Fleetwood, Peter Green oder Mick Taylor. Alle wurden sie größer als ihr Lehrherr – wenn es nach der Größe der Stadien und der Summe auf ihren Konten geht.

Freilich ist es nicht immer die reinste Freude, wenn einer aus der Altherren-Riege auftaucht. Da bricht oftmals der klare Ton, zerbröselt die Reinheit. Aber braucht die der Blues? Ist es beim Blues nicht ohnehin so, dass er das Leben atmen, jede Furche ausschreit­en muss, um gelten zu können?

Mayalls Stimme kämpft also manchmal, entwischt ihm in unbeabsich­tigte Tiefe. Auch die Schärfe mancher Akkorde hat im Lauf der Zeit nachgelass­en, Aber was soll’s ?! Der Mann ist 80 und spielt und spielt. In 62 Tagen auf der aktuellen Europatour­nee absolviert­e er 56 Konzerte. Das müssen die meisten der von ihm ausgebilde­ten Epigonen erst schaffen.

Und schon vor dem Konzert steht Mayall, jugendhaft, frisch und freundlich, am Verkaufsta­nd, bringt ein paar seiner CDs unter die Leute, signiert seine Werke, lächelt in Smartphone-Kameras überrascht­er Fans.

Für die Bühne hat Mayall ein Trio dabei, das jederzeit bereit ist, ihm Arbeit abzunehmen. Rocky Athas (Gitarre), Bassist Greg Rzab und Drummer Jay Davenport halten das Gerüst fest zusammen.

Zwischendu­rch kommt auch Mayalls Neffe Lee mit dem Saxofon und verleiht der Sache eine runde Note. Der Eifer, der sich in jedem Moment des Abends bemerkbar macht, leitet Mayall. Er ist auf einer Mission, die keine Zeit kennt, sondern nur große Momente des Fühlens.

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Bild: SN/WEINGARTNE­R Gegen jedes Altern:

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