Der große Ton und der delikate Klang
Ein Vormittag voll purer Freude: Das Mozarteumorchester unter Marc Minkowski im Großen Festspielhaus
SALZBURG (SN). Die Sonntagsmatineen des Mozarteumorchesters haben sich mittlerweile nicht nur zu einem fixen Bestandteil im Konzertleben Salzburgs entwickelt. Sie sind auch ein Publikumsrenner. Als für vergangenen Sonntag Marc Minkowski als Dirigent und der Geiger Renaud Capucon als Solist angekündigt waren, war das Große Festspielhaus restlos ausverkauft.
Zwar war das Programm nach außen hin populär bestückt, mit Werken von Tschaikowsky, Mendelssohn und Rimsky-Korsakow, aber weder das Capriccio Italien des Ersteren noch die famos schillernde Tondichtung „Sheherazade“des Letzteren sind wirklich heimisch in den Konzertsälen. Sie waren aber gleichwohl ganz nach dem Gusto des Dirigenten, dermit heiter-anmutiger Spiellaune, lockerer Eleganz und filigran feinsinnigem Klanggespür alle Facetten der Kompositionen auskostete und zu körperhaft-sinnlichem Vergnügen führte.
Dem Orchester macht es spürbar Freude, sich im Großen Festspielhaus ausbreiten zu können, sozusagen groß zu atmen und kraftvoll auszuschwingen. Die Kollektive aller Orchestergruppen waren hoch motiviert, die Solisten (Klarinette, Flöte, Oboe, Trompeten, Horn oder Posaune) aufs Vorzüglichste präsent mitmalerischen bis pointillistischen Klangmomenten brillanter Prägung.
Die Erzählhaltungen von Tschaikowsky und Rimsky-Korsakow, dessen „Sheherazade“-Episoden Konzertmeister Frank Stadler mit geigerischer Präzision bildhaft verband, garantierten sonnig-farbige, aber in keinem Moment belanglose Stimmungen. Man durfte sich in den Klangbädern wohlfühlen, gerade weil sie nicht mit üppigen Düften vernebelt wurden, sondern mit delikaten Odeurs durchlüftet wirkten.
Minkowski ist ein Klanggestalter der Extraklasse, und seine plastischen Anweisungen schienen sich direkt in Spielfreude zu übersetzen. Man spürte gegenseitige Wertschätzung (die sich ja auch dadurch zeigt, dass der Chef der Musiciens du Louvre bei größeren Aufgaben immer wieder Salzburger Musiker beizieht). Es wäre erfreulich, wäre das auch eine längerfristige Option für die Zukunft.
Dass der edle, goldene, strahlende und leuchtkräftige Geigenton Renaud Capucons in diesem Ambiente Mendelssohns tatsächlich populäres Violinkonzert zu etwas Besonderem machen würde, war zu erwarten. Tatsächlich war der klingende Dialog des Solisten mit dem Orchester von beispielhafter partnerschaftlich-kammermusikalischer Delikatesse, aufs Feinste abgeschmeckt und virtuos gewürzt.
Und wieder einmal galt es zu konstatieren: Auf welchem Weltklasseniveau ereignen sich auch unterm Jahr Konzerte in Salzburg! Es ist die pure Freude.