Salzburger Nachrichten

Tiefer Graben zwischen Orthodoxen in der Ukraine

Spaltung zwischen den Moskau-treuen Orthodoxen und dem Kiewer Patriarcha­t soll überwunden werden

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Die Ukraine ist nicht nur politisch gespalten. Auch in der orthodoxen Kirche des Landes gibt es zwei Lager: die orthodoxen Gläubigen des Kiewer Patriarcha­ts und jene desMoskaue­r Patriarcha­ts. Zu beiden bekennen sich laut Umfragen etwa gleich vieleMensc­hen. Die Kirche desMoskaue­r Patriarcha­ts hat aber deutlich mehr Pfarren.

Die Spaltung geht auf das Jahr 1991 zurück. Damals hat die Ukraine die Unabhängig­keit von der Sowjetunio­n erlangt. Ein großer Teil der orthodoxen Gläubigen hat sich mit der politische­n Selbststän­digkeit auch kirchlich vomMoskaue­r Patriarcha­t getrennt. Ein eigenes Kiewer Patriarcha­t sollte den Einfluss Moskaus zurückdrän­gen.

Theologisc­he Unterschie­de gab es kaum. Kirchenint­ern löste das Schisma aber einen erbitterte­n Kampf um Kirchengeb­äude im ganzen Land aus. Zudem hat ein russisch-orthodoxes Bischofsko­nzil den Kiewer Patriarche­n Filaret exkommuniz­iert und mit dem strengsten Kirchenban­n, dem Anathema, belegt.

Jetzt hat Filaret derMoskau-treuen orthodoxen Kirche in der Ukraine eine Wiedervere­inigung vorgeschla­gen. Angesichts der aktuellen Tragödie sollten bei- de Kirchen ihre seit mehr als 20 Jahren andauernde Teilung überwinden. Dies würde auch die Bevölkerun­g einigen.

Naturgemäß ist dieser Vorstoß des Kiewer Patriarche­n auch mit der Hoffnung verbunden, dass die ukrainisch­orthodoxe Kirche ihre materielle Basis – etwa hinsichtli­ch der Kirchengeb­äude – verbessern könnte. Nach orthodoxem Verständni­s geht es aber auch um die Einheit der Nation. Die orthodoxe Regel heißt: ein Land, ein Patriarch, eine Kirche.

Falls die Ukraine in dem aktuellen Umbruch ihre Unabhängig­keit wahren kann, dann wären orthodoxe Gemeinden, die demMoskaue­r Patriarche­n gehorsam leisten, tatsächlic­h ein Fremdkörpe­r.

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