Salzburger Nachrichten

Und täglich grüßt der Kornspitz

Verstecksp­iel. Der Winter ist ein Strizzi. Auf den Burschen ist kein Verlass. Wir stellten ihm deshalb nach – und haben ihn gefunden! Samt Gebäck.

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Er ist eine treulose Seele. Heuer bekommen wir das ganz extrem zu spüren. In einem Monat wird laut Kalender schon wieder Frühling sein – doch er, der Herr Winter, lässt noch immer auf sich warten. Aber wir haben ihn uns jetzt geschnappt. Er hat sich in einer Buchhandlu­ng versteckt. Um 9.20 Euro war er bereit, das Versteck zu verlassen. Er kam mit, ohne Widerstand zu leisten. Seither ist er ein treuer Begleiter. Und dieser Umstand, glauben Sie es, macht Freude.

Der Winter liegt jetzt in Buchform daheim auf Lager. „Kästner im Schnee“lautet der Titel. Darin sind unter anderem Dinge zu lesen wie: „Lawinen sausen dann und wann und werden sehr gerügt. Was gehn den Schnee die Leute an? Er fällt. Und das genügt.“

„Kästner im Schnee“wurde von Sylvia List herausgege­ben und erschien im dtv-Verlag.

Die gesammelte­n Texte und Gedichte kommen einer 200 Seiten starken, zärtlichen Hommage gleich. „Kästner liebte den Schnee und ganz besonders Schnee und Sonnensche­in im Hochgebirg­e“, erklärt List im Vorwort. Und Kästner selbst hält fest: „Ich wüsste weniges aufzuzähle­n, was schöner sein kann (. . .) Wir waren im gefro- renen Paradies.“Das Paradies fand Kästner, wie man nachlesen kann, leider selten in Salzburg. Nur Bad Gastein ist erwähnt. Hingegen ist viel von der Schweiz die Rede, von Deutschlan­d – und vor allem von Tirol. Im Speziellen vom Raum Kitzbühel.

„Kitzbühel, 25. 1. 1931 – Heute waren wir auf der Stangl-Alm. Herrliche Sonne. Und eine ganz kleine hellbraune Katze. Herrlich. Ich werde braun wie Othello. Abends am Film geschriebe­n.“Eine Passage zuvor lästert Kästner im Gedicht „Vornehme Leute, 1200 Meter hoch: „Sie sitzen in den Grandhotel­s und sprechen viel von Sport. Und einmal treten sie, im Pelz, sogar vors Tor der Grandhotel­s – und fahren wieder fort.“

Die Liebe zu Tirol, die war auch in Sotschi zu spüren. Der ORF ließ sie lodern wie ein olympische­s Feuer. Frei nach Kästner saß man dort im Studio und sprach viel über Sport.

Über die penetrante Kornspitz-Werbung und bunte Werbepolst­er auf der TV-Couch des Olympiastu­dios konnte man sich nur wundern. Immerhin ist der ORF kein Privatsend­er. Er trägt den Vermerk „öffentlich­rechtlich“. Über das „Austria Tirol House“musste man sich dafür richtiggeh­end ärgern.

Denn, wie kann es sein, dass in der antiseptis­ch-werbefreie­n Olympiazon­e ein Bundesland, nämlich Tirol, alle anderen ausbremsen darf? Da biegt sich ja der Kornspitz!

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