Salzburger Nachrichten

Staat schoss 123 Millionen Euro Unterhalt vor

Rekord. Jedes Jahr springt der Staat mit einer größeren Summe ein, weil Eltern nicht zahlen können oder wollen.

- INGE BALDINGER

WIEN (SN). Immer tiefer muss Vater Staat in die Tasche greifen, um Scheidungs- und Trennungsk­indern zu ihrem Unterhalt zu verhelfen. Innerhalb von fünf Jahren schnellte die via Unterhalts­vorschüsse­n gewährte Gesamtsumm­e um fast 18 Prozent in die Höhe: von rund 104,5 Millionen Euro im Jahr 2008 auf etwas mehr als 123 Millionen Euro im Jahr 2012. Das geht aus der eben eingetroff­enen Antwort des Justizmini­steriums auf eine parlamenta­rische Anfrage der Grünen hervor.

Im Jahr 2012 – die Daten für 2013 liegen offenbar noch nicht vor – wurden für 47.863 Minderjähr­ige Unterhalts­vorschüsse überwiesen. Das waren etwas weniger als 2011 (47.958). In den Jahren davor war die Zahl der Betroffene­n stetig gestiegen. Dass es 2012 erstmals einen winzigen Rückgang gab, könnte auch daran liegen, dass sich herumgespr­ochen hat, dass der Staat seit einigen Jahren energisch auf Rückzahlun­g pocht. Und damit auch immer öfter Erfolg hat. Nur bei knapp 35 Prozent der säumigen Unterhalts­zahler, für die der Staat 2012 einsprang, war noch im sel- ben Jahr gar nichts zu holen. In den Jahren 2008 und 2009 war das noch bei deutlich mehr als der Hälfte der laufenden Fälle so.

Insgesamt verbessert­e sich das Inkasso laufender und einst gewährter Vorschüsse deutlich. Wurden im Jahr 2008 nur 48 Prozent aller aktuell oder früher ausgezahlt­en Beträge bei den Unterhalts­schuldnern – meist sind es die Väter – eingetrieb­en, lag die „Einbringun­gsquote“im Jahr 2012 bei 58 Prozent. Dennoch waren noch nie so viele Forderunge­n of- fen wie Ende 2012: Da wartete der Staat darauf, dass einst gewährte Unterhalts­vorschüsse für insgesamt 72.848 Kinder von den Schuldnern zurückbeza­hlt werden.

Gewirkt hat eine Änderung des Familienre­chts, die Anfang 2010 in Kraft trat: Seither kommen Alleinerzi­ehende – fast immer sind es die Mütter – schneller zum staatliche­n Unterhalts­vorschuss, wenn der Ex nicht bezahlen kann oder will. Mussten sie früher einen Exekutions­titel erwirken und den ersten Exekutions­versuch abwarten, reicht seither ein Exekutions­antrag. Das beschleuni­gte die Vorschussv­erfahren deutlich: Dauerte es 2008 im Schnitt 19,3 Tage, bis der Unterhalts­vorschuss zugesproch­en wurde, war es 2012 nach durchschni­ttlich 12,7 Tagen so weit. Die generelle Dauer von Unterhalts­verfahren hat sich in dieser Zeitspanne annähernd halbiert: von 100,7 Tagen (2008) auf 58,2 Tage (2012).

Leicht gestiegen ist die Höhe des Unterhalts­vorschusse­s pro Kind und Monat. 2008 wurden im statistisc­hen Mittel 181,36 Euro überwiesen, 2012 waren es im Schnitt 196,51 Euro monatlich pro Kind. Anfang des heurigen Jahres wurden die sogenannte­n festen Beträge für den Unterhalts­vorschuss (die mit dem Alter der Kinder steigen) auf 197 bis 421 Euro erhöht; und der Höchstbetr­ag für den Vorschuss liegt nun bei 560,60 Euro pro Kind undMonat.

Bezahlt wird der Unterhalts­vorschuss aus Mitteln des hoch verschulde­ten Familienla­stenausgle­ichsfonds.

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