Auf Dürr wartet eine düstere Zukunft
Aufarbeitung. Welche Konsequenzen hat der Dopingfall Dürr für die Zukunft des ÖSV? Gab es Hintermänner um den Langlaufaufsteiger aus Niederösterreich? Dürr wurde am Montag erstmals von Kriminalisten einvernommen.
SALZBURG (SN, APA). Dürrs Langlaufund Zimmerkollege Bernhard Tritscher brachte es auf den Punkt: „Johannes wird einen guten Rechtsanwalt brauchen.“Denn laut ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel wird sich Dürr wegen der seit 2010 strengen AntiDoping-Gesetze in Österreich eine Gerichtsverhandlung kaum ersparen können. Nach dem positiven Test und seinem Geständnis wurde der 26-Jährige nach der Rückkehr aus Sotschi am Sonntagnachmittag in Salzburg vom Bundeskriminalamt (BK) einvernommen. „Er ist kooperativ, die Ermittlungen bezüglich Hintermännern sind im Gang“, sagte BK-Pressesprecher Mario Hejl am Montag. Kommentar von Peter Schröcksnadel am Tag danach: „Dürr ist ein Trottel.“
Die Ermittlungen gegen Dopingsünder Dürr werden durch die neue „Integrity in Sport“-Unit des BK durchgeführt, die sich u. a. auch um Wettbetrug und Manipulationen kümmert. Demnach besteht bei Dürr der Verdacht auf einen Verstoß gegen Paragraf 147 (Sportbetrug) sowie des unerlaubten Besitzes größerer Mengen, des Handels und der Weitergabe von verbotenen Substanzen.
Dürr war am 16. Februar bei einer Trainingskontrolle in Österreich positiv auf ein EPO-Präparat getestet worden. „Wie dumm muss man sein, um EPO zu nehmen. Es gibt schon viel bessere Sachen“, meinte der ehemalige Sportmanager Stefan Matschiner.
Noch wurde wenig über die Hintergründe rund um den Langlaufaufsteiger des Jahres bekannt. Keine Details über die Finanzierung von EPO, einem Hormon, das eigentlich zur Behandlung von Blutkrankheiten verwendet wird, keine Hintermänner wie Ärzte oder „Berater“. „Zwischen 60.000 und 70.000 Euro habe ich in zwei Jahren für Dopingmittel gebraucht“, meinte der gefallene heimische Radstar Bernhard Kohl. Er vermutet, dass Dürr die EPO-Einnahme vor Kollegen und Trainern verheimlichen konnte.
Dürr hatte zuerst im Beisein von ÖSV-Sportdirektor Hans Pum und des Dopingbeauftragten im ÖSV, Wolfgang Schobersberger, eine Viertelstunde lang hartnäckig geleugnet und dann die EPO-Einnahme zugegeben. Er wurde sofort aus dem ÖSV ausgeschlossen. Das ist mit dem Karriereende gleichzusetzen.
Die Reaktion des ÖSV-Präsidenten war gnadenlos und erinnerte an die berühmten Worte nach dem Dopingskandal bei den Spielen 2006 in Turin. „Austria is a too small country to make good doping.“Am Sonntag meinte Peter Schröcksnadel: „Man muss sich überlegen, ob man den Langlaufsport im ÖSV auch weiterhin behält.“Krisenmanagement sieht allerdings anders aus. Nach Salt Lake City (2002) und Turin (2006) war es der dritte Dopingskandal um die Langläufer.
Am Montag beim offiziellen Empfang in Innsbruck hat der ÖSV-Präsident seine Aussage ein wenig relativiert: „Man muss sich das in Ruhe anschauen und diskutieren.“Das wird wohl im März oder April bei der Konferenz der Landespräsidenten passieren.
Experten der Nationalen AntiDoping-Agentur bestätigen, dass man bei den Kontrollen den neuesten Entwicklungen und Methoden meilenweit hinterherhinke. Da können auch die 2453 Tests des IOC in Sotschi nicht viel daran ändern, wenn man bedenkt, dass es bei diesen Spielen ( bisher) nur vier Dopingfälle gegeben hat. Der Dopingjäger und deutsche Molekularbiologe Werner Franke meinte vor Kurzem: „Es wird kaum Dopingfälle geben. Aber nicht, weil die Spiele so sauber sind. Denn bei 60 Prozent der Athleten quer durch alle Sportarten, bleibt es unentdeckt.“Noch.