Vegetarier leben nicht länger
Fleischlos. Vegetarier gehen öfter zum Arzt und leiden häufig an Allergien. Trotz ihrer an sich gesunden Lebensweise mit viel Obst und Gemüse werden sie nicht älter als Österreicher, die gelegentlich Fleisch auf dem Teller haben.
GRAZ (SN). Grazer Forscher haben herausgefunden, dass Vegetarier nicht länger oder gesünder leben als Menschen, die Fleisch essen. Vegetarier haben öfter Allergien als Fleischesser, leiden häufiger unter Depressionen und gehen öfter zum Arzt. Ob ihre labilere Gesundheit von der Ernährung verursacht wird oder sie wegen ihres Gesundheitszustands zu Vegetariern wurden, kann nicht beantwortet werden.
GRAZ (SN). Eine Studie von Grazer Medizinern widerspricht allen gängigen Klischees über fleischlose Kost und der daraus blühenden Gesundheit. Die Forscher stellten fest: Vegetarier haben häufiger Krebs als Menschen, die auch Fleisch essen, und sie leiden wesentlich öfter an Allergien. Vegetarier scheinen auch häufiger unter Ängsten zu leiden als Nichtvegetarier. Die Forscher fanden heraus, dass die Lebensqualität der Vegetarier meist niedriger ist als bei sogenannten Viel-FleischEssern und sie häufiger zum Arzt gehen. Die Studie basiert auf der Auswertung von Daten des Austrian Health Interview Survey, einer repräsentativen Stichprobe der erwachsenen österreichischen Bevölkerung. Die Untersuchung ist Teil einer EU-Umfrage. Demnach hatten Vegetarier fast doppelt so viel Allergien wie VielFleisch-Esser (30,6 Prozent zu 16,7 Prozent). Sie entwickelten auch etwas häufiger Krebs als Menschen, die nicht ausschließlich vegetarisch leben. Darüber hinaus verzeichneten die Grazer Forscher bei Pflanzenkostessern etwa mehr Herzinfarkte als bei Fleischliebhabern.
Insgesamt untersuchten die Wissenschafter für ihre Studie 18 chronische Erkrankungen. Im Vergleich zu den Viel-Fleisch-Essern waren reine Vegetarier von 14 der 18 Krankheiten häufiger betroffen (78 Prozent). Dazu gehörten Asthma, Diabetes, Migräne und Osteoporose (Knochenschwund). Bei der Krankheitsanalyse zeigte sich auch, dass Vegetarier mehr als doppelt so oft unter Angststörungen oder Depressionen litten wie Viel-Fleisch-Esser (9,4 Prozent zu 4,5 Prozent).
Die Ergebnisse bestätigen eine Studie der Universität Hildesheim in Deutschland, wonach Vegetarier deutlich häufiger Depressionen, Angststörungen, psycho- somatische Beschwerden und Essstörungen aufweisen. Die Grazer Forschung ergab weiter, dass Vegetarier stärker durch Krankheiten beeinträchtigt werden, häufiger zum Arzt gehen und mehr medizinische Therapien benötigen als Fleischesser.
Wie immer in der Ernährungsforschung stellt sich auch bei dieser Studie die Frage nach Ursache und Wirkung: „Ob die schlechtere Gesundheit der Vegetarier durch deren Ernährung verursacht wird oder ob sie wegen ihres schlech- ten Gesundheitszustands zu Vegetariern werden, das kann nicht beantwortet werden. Wir können keinen Zusammenhang feststellen, aber das, was wir ermittelt haben, basiert auf gesicherten Erkenntnissen“, sagen die Forscher.
Sie stehen mit ihrer Studie international gesehen nicht allein da, wenngleich sich auch hier einige Widersprüche auftun: Während die Grazer Studie ein etwas höheres Herzinfarktrisiko für Vegetarier ergab, verzeichnete die bisher weltgrößte Ernährungsstu- die aus Großbritannien ein etwa 30 Prozent geringeres Risiko für Vegetarier, eine Herz-KreislaufErkrankung zu entwickeln. Allerdings unterscheidet sich die Gesamtsterblichkeit der Vegetarier in allen Vergleichsstudien nicht von den Allesessern. Das bedeutet: Vegetarier können aus anderen Gründen auch früher sterben.
Im Hinblick auf die aktuellen Erkenntnisse aus Graz wirken die Gesundheitsversprechen etwa des deutschen Vegetarierbundes fragwürdig, der seit Jahren behauptet: „Vegetarische Kostformen haben das Potenzial, die meisten der Zivilisationskrankheiten zu verhindern. Darüber hinaus können sie erfolgreich bei deren Behandlung eingesetzt werden.“
Dazu hatte 2013 die Vorsitzende des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin, Professorin Gabriele Meyer, klargestellt: „Es handelt sich hier um Mythen und Märchen wie bei allen Ernährungsversprechen zur Gesundheit.“Auch für Professor Ulrich Voderholzer, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Schön Klinik Roseneck und Experte für Essstörungen, sind Gesundheitsversprechungen zu vegetarischer Kost „wissenschaftlich nicht belegt und aus gegenwärtiger Sicht nicht dem Stand der Wissenschaft und Empfehlungen entsprechend. Es handelt sich mehr um eine ideologische Aussage, die falsche Versprechen suggeriert.“