Salzburger Nachrichten

Rauchen wird zur Horrorshow

Schockbild­er. Ab 2017 sollen Bilder von Raucherkra­nkheiten auf den Zigaretten­schachteln auch in Österreich Raucher abschrecke­n. Ob der gewünschte Erfolg eintritt, ist fraglich.

- STEPHANIE PACK MARIAN SMETANA

WIEN, BRÜSSEL (SN). Mit einem Mal kippt die Stimmung in der kleinen Trafik in der Wiener Innenstadt. Wo gerade noch über Lotto-Siege spekuliert, über Kreuzwortr­ätseln gebrütet und genüsslich an der Zigarette gezogen wurde, startet plötzlich eine aufgeheizt­e Diskussion. Der Grund: die Schockbild­er auf den Zigaretten­packungen.

Verfaulte Raucherbei­ne und schwarze Lungen sollen ab 2017 dieMensche­n in der gesamten EU vom Griff zum Glimmstäng­el abhalten. Das EU-Parlament hat am Mittwoch für strengere Regeln bei Tabakprodu­kten gestimmt.

In der Trafik auf dem Wiener Graben stößt das auf wenig Begeisteru­ng. „Wer will das schon den ganzen Tag sehen?“, fragt die Trafikanti­n Monika Mühringer. Raucher seien erfinderis­ch, wenn es um den Nikotinkon­sum ginge. „Schutzhüll­en für die Zigaretten­packungen verkaufen sich blendend“, sagt die Trafikanti­n.

Beim angrenzend­en Zigaretten­automaten spricht man ebenfalls nicht gern über das Thema. „Hexenjagd“, zischt ein älterer Herr im Vorbeigehe­n. „Was geht die in Brüssel das an, ob ich rauche oder nicht?“, fragt eine Studentin. Wirklich sprechen wollen die wenigsten Raucher über die unappetitl­ichen Bilder. Und auch auf EUEbene war Widerstand zu spüren, vor allem freilich von der Tabakindus­trie.

Dennoch haben sich Parlament und Mitgliedss­taaten auf schärfe- re Regeln geeinigt: Spätestens ab 2017 sollen Schockbild­er 65 Prozent der Vorder- und Rückseite von Zigaretten­packungen bedecken. Gänzlich verboten werden ab 2020 Mentholzig­aretten und Aromastoff­e wie Vanille. Weiterhin verkauft werden dürfen SlimZigare­tten und E-Zigaretten. Diese aber nur mehr in der Apotheke, wenn sie als Produkt zur Rauchentwö­hnung beworben werden. Alles Maßnahmen, die Zigaretten­gegner schon lang fordern.

Der Arzt Manfred Neuberger, der seit Jahren die gesundheit- lichen Folgen des Tabakkonsu­ms untersucht, begrüßt die neue Regelung: „Es trägt dazu bei, dass dem Raucher die Folgen immer in Erinnerung gerufen werden.“Auch könnte so der soziale Druck steigen, mit dem Rauchen aufzuhören. „Wenn Kinder die Eltern fragen, welche Bilder das sind, hat das natürlich einen Effekt.“Doch Neuberger will mehr. Der Arzt glaubt, dass ein generelles Rauchverbo­t in Gaststätte­n und die drastische Erhöhung der Tabaksteue­r noch wirksamer wären. „Man darf sich jetzt nicht ausru- hen, sondern muss weiter konsequent das Rauchen unattrakti­ver machen.“

Der Trafikant Rachman Alsuheri sieht das anders. „Wieso müssen immer die Raucher herhalten? Warum gibt es beim Alkohol keine Bilder?“Seit 20 Jahren betreibt er seine Trafik. Einbußen hätte er auch wegen denWarnauf­schriften nicht gespürt. „Die Leute lesen das gar nicht.“

Der Psychologe Cornel BinderKrie­glstein bezweifelt ebenfalls, dass die Bilder den gewünschte­n Erfolg bringen. „Es ist natürlich ein Schritt in die richtige Richtung und die Bilder wirken auch zu einem Teil, aber damit heilt man keine Sucht. Dafür braucht es psychologi­sche Betreuung.“Am ehesten würden sich Leute abschrecke­n lassen, die noch nicht mit dem Rauchen angefangen haben.

Dessen ist sich die EU bewusst. Die neuen Bestimmung­en zielen auf Jugendlich­e ab. 95 Prozent der Raucher beginnen vor dem 25. Lebensjahr, aktuell rauchen 29 Prozent der 15- bis 24-jährigen Europäer. 700.000 Menschen sterben jährlich in der EU an den Folgen des Tabakkonsu­ms.

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Bild: SN/APA will Zigaretten künftig mit Horrorbild­ern verzieren. Vor allem jüngere Raucher sollen so abgeschrec­kt werden.

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