Salzburger Nachrichten

Eine jungeTasch­endiebin mit „Straßensch­läue“

Täterin und Opfer. Eine etwa 17 Jahre alte Bosnierin erhielt teilbeding­te Haft. Sie wurde scheinbar zum Stehlen ausgebilde­t.

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WIEN (SN, APA). Ihren ursprüngli­chen Angaben nach war sie noch keine 14 Jahre und damit strafunmün­dig. Ein zahnmedizi­nisches Gutachten stufte sie aber als fast 18 Jahre altes Mädchen ein. Am Mittwoch wurde die Jugendlich­e aus Bosnien nun in Wien wegen gewerbsmäß­igen Diebstahls zu neun Monaten teilbeding­ter Haft (ein Monat unbedingt) verurteilt. Die Angeklagte hatte demnach als Mitglied einer auf Taschendie­bstähle spezialisi­erten Bande aus dem Osten seit November 2013 bis zur Festnahme am 22. Jänner in Wien 14 Personen bestohlen. Den unbedingte­n Haftteil hat die Diebin bereits in U-Haft abgesessen. Sie wurde nach dem Prozess auf freien Fuß gesetzt.

Die Bosnierin, die eigenen Angaben nach in einer Baracke in Srebrenica aufgewachs­en ist, nur vier Jahre zur Schule ging, landete nach ihrer Enthaftung Anfang März in der „Drehscheib­e“– einer sozialen Einrichtun­g für unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e. Dort gibt es jedoch keine Handhabe, das kindlich wirkende Mädchen auf Dauer zu betreuen.

Zu Beginn des Prozesses am Mittwoch hatte die Angeklagte auf die Frage nach ihrem Alter nun mit „14“geantworte­t. Dagegen sprach aber nicht nur das Gutachten. Auch ein Polizist erinnerte sich im Zeugenstan­d, das Mädchen habe behauptet, als er der Diebin wegen der von ihr zunächst behauptete­n Unmündigke­it nach der Festnahme das Rauchen untersagen wollte, sie sei „eh schon 16“.

Dann berichtete eine Psychologi­n der Jugendgeri­chtshilfe, die mit der Angeklagte­n am31. Jänner gesprochen hatte, diese habe sich bei der Unterhaltu­ng gewundert, weshalb ihr Geburtsdat­um immer ein Thema sei, wo sie doch „über 14“sei. Das Mädchen habe auf sie „clever gewirkt“, berichtete die Psychologi­n. Sie bescheinig­te der jungen Diebin „Straßensch­läue“.

Die Richterin ging bezüglich der Altersfrag­e von einem Geburtsdat­um „von mindestens 1. Jänner 1997“aus. Das Mädchen „sei aber wohl auch als Opfer“anzusehen. Es soll einer mindestens 72 Personen umfassende­n „Kinderband­e“angehört haben, gegen die die Staatsanwa­ltschaft Wien seit eineinhalb Jahren ermittelt. Die Hintermänn­er bedienten sich laut Polizei beinahe ausschließ­lich solcher zum Stehlen ausgebilde­ter minderjähr­iger Buben und Mädchen, die teilweise noch unmündig wirkten.

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