Rechtslehrer kritisiert den OGH
Wirtschaft ist beim Straftatbestand „Untreue“verunsichert – Urteile helfen nicht
OTTENSTEIN (SN). „Alles Untreue – Behindert das Strafrecht dieWirtschaft?“Der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs griff am Mittwoch in seinem Eröffnungsvortrag beim richterlichen Strafrechtsseminar in Ottenstein/NÖ ein „heißes Eisen“an. Der Vortrag beschäftigte sich mit den Sorgen der Wirtschaft: die Art, wie der OGH den Tatbestand der Untreue auslege, bedeute eine Verschärfung der Judikatur und führe zu einem unkalkulierbaren Strafbarkeitsrisiko für Unternehmer, etwa im Kreditbereich oder bei Unternehmensgründungen. Fuchs übte Kritik am OGH. Für ihn zeige eine Analyse der OGH-Entscheidun-
Schwer lesbar, wenig aussagekräftig.
Helmut Fuchs,
Strafrechtsprofessor
gen in den Fällen „Bawag I“, „Styrian Spirit I und II“sowie „Grazer Hypo-Leasing“, dass diese schwer lesbar und wenig aussagekräftig dahingehend seien, welches unternehmerische Risiko der OGH als noch vertretbar ansehe. Auch die lange Verfahrensdauer kriti- sierte Fuchs. OGH-Präsident Eckart Ratz wies diese Kritik mit Elan zurück: „Ich bin Rechtsmittelinstanz, das ist ein Unterschied zur Lehrbuchschreiberei“, meinte er zum Vorwurf der mangelnden Verständlichkeit der Urteile. Und im internationalen Vergleich sei der OGH ein „Speedy Gonzales“.
Justizminister Wolfgang Brandstetter, selbst Rechtsprofessor und erstmals in Ministerfunktion in Ottenstein, sagte, man müsse die Verunsicherung der Wirtschaft ernst nehmen. Er zeigte sich zugleich überzeugt, dass man vieles durch die Judikatur bereinigen könne.