Salzburger Nachrichten

Opfer sollen auf Proben drängen

K.-o.-Mittel. Salzburgs Gerichtsme­dizin prüft zehn bis 20 Fälle. Leiterin Edith Tutsch-Bauer rät Betroffene­n, bei einem Verdacht auf K.-o.-Mittel hartnäckig zu bleiben.

- KARIN PORTENKIRC­HNER

HALLEIN, SALZBURG (SN). Die Bezeichnun­g „K.-o.-Tropfen“sei zu eng gesteckt, heißt es in der Salzburger Gerichtsme­dizin. Leiterin Edith Tutsch-Bauer und Thomas Keller, der Leiter der Toxikologi­e, sind sich einig: „Es kommen Tausende Substanzen infrage. Alles, was auf das Zentrale Nervensyst­em wirkt und was Sie müde macht.“

Daher sei mittlerwei­le nicht mehr der Begriff „K.-o.-Tropfen“gebräuchli­ch, man spreche vielmehr von „K.-o.-Mitteln“. Barbiturat­e, Benzodiaze­pine oder das als „Liquid Ecstasy“bezeichnet­e GHB (Gammahydro­xybutyrat) zählen dazu, aber auch Beruhigung­s- und Schlafmitt­el, Antidepres­siva oder Neurolepti­ka.

Der Zugang zu solchen Mitteln sei keineswegs so beschränkt, wie man vermuten möchte. „Es gibt eine breite Berufsgrup­pe, die theoretisc­h Zugang zu verschreib­ungspflich­tigen Medikament­en hat: Sanitäter, Krankenhau­spersonal, Bundesheer-Sanitäter, Apothe- ken-Bedienstet­e – ohne jemanden desavouier­en zu wollen“, betont Tutsch-Bauer. Oft reiche bereits der Blick in den familiären Arzneischr­ank.

Während K.-o.-Tropfen nur kurze Zeit im Körper nachweisba­r sind (sechs Stunden im Blut, zwölf Stunden im Urin), gelte das nicht für alle diese Substanzen. Daher sei es „skandalös“, dass der Halleiner SPÖVizebür­germeister Walter Reschreite­r am Sonntag im Krankenhau­s Hallein die Auskunft erhalten habe, dass für eine Abnahme von Proben bereits zu viel Zeit verstriche­n sei. „Ich predige allen meinen Studierend­en, dass sie bei einem Verdacht auf K.-o.-Mittel sofort zum Arzt oder in das Krankenhau­s gehen und auf die Entnahme von Proben drängen sollen“, sagt Tutsch-Bauer.

Im Krankenhau­s Hallein berichtet Primar Alexander Albrecht, der stellvertr­etende Ärztliche Leiter: „Wir haben in der Vergangenh­eit schlechte Erfahrunge­n mit den Salzburger Labors gemacht. Von uns entnommene Proben wurden nie analysiert und befundet.“Hallein führe daher eigene Analysen durch. Am Sonntag sei das Labor aber geschlosse­n. „Der Kollege hat Familie Reschreite­r daher an die Christian-Doppler-Klinik nach Salzburg verwiesen“, sagt Albrecht. Die Fahrt nach Salzburg sei durchaus zumutbar.

SPÖ-Vizebürger­meister Walter Reschreite­r ergänzt diese Aussagen. „Wir sind dann nicht nach Salzburg gefahren, weil ich mich nicht sehr gut gefühlt habe und weil uns der Oberarzt dezidiert gesagt hat, dass zu viel Zeit verstriche­n ist.“Nach der Anzeige von Reschreite­r ermittelt die Landeskrim­inalpolize­i „in alle Richtungen“.

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Bild: SN/KOLARIK Edith Tutsch-Bauer, Leiterin der Gerichtsme­dizin, mit Thomas Keller, dem Leiter der Toxikologi­e.
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