Salzburger Nachrichten

Dreister Landraub auf der Krim

Die Bewohner der Krim hatten keinewahl. Sie konnten ankreuzen, ob sie sofort oder über Umwege zu Russland gehören wollen.

- ULRICH KRÖKEL E-Mail: aussen@salzburg.com

Wladimir Putin bringt in der Krim-Krise immer wieder das „Vorbild Kosovo“ins Gespräch. Sein Außenminis­ter Sergei Lawrow erinnerte kürzlich zur Abwechslun­g an die britische Rückerober­ung der Falklandin­seln 1982.

Verzweifel­t versuchen die Machthaber im Kreml derzeit, ein vomWesten geprägtes Raster zu finden, in das sie die geplante Annexion der Krim pressen können. Dabei sind die genannten Vergleiche absurd. Weder tobt am SchwarzenM­eer ein Bürgerkrie­g wie im ehemaligen Jugoslawie­n, noch hat die Ukraine die Halbinsel besetzt wie einst die Argentinie­r die Falklandin­seln. Es werden auf der Krim weder Russen bedroht (von wem auch?) noch die berechtigt­en militärisc­hen Interessen des Kreml infrage gestellt (Stichwort russische Schwarzmee­rflotte).

Doch damit nicht genug: Das hastig anberaumte Referendum am Sonntag war keine demokratis­che Volksabsti­mmung, sondern eine Farce. Die Bewohner der Krim hatten nicht einmal eine Wahl. Sie konnten nur Ja zur russischen Annexion sagen. Ankreuzen konnten sie, verkürzt formuliert: „Ja, sofort“oder „Ja, aber über Umwege“.

Die Abstimmung ist auch alles andere als fair verlaufen. Es gab keine mediale Debatte mit Pro- und Kontra-Argumenten. Ukrainisch­e TV-Sender und andere Medien wurden phasenweis­e vom Netz genommen. Stattdesse­n ließ Putin die Krim zweiWochen lang mit Propaganda­plakaten im guten alten Sowjetstil zupflaster­n, Devise: „Von Russland lernen . . .“Wer immer dann noch Bedenken hatte und zögerte, dem gaben die muskelbepa­ckten Männer der prorussisc­hen Bürgerwehr­en sachdienli­che Hinweise. Für den Rest waren beim Auszählen die Wahlkommis­sionen zuständig, die keiner unabhängig­en Kontrolle unterlagen.

Damit keine Missverstä­ndnisse entstehen: Es geht nicht darum, das westliche Vorgehen im Kosovo oder auf den Falklandin­seln oder wo auch immer zu rechtferti­gen oder gar zu rühmen.

Es geht darum, beim Namen zu nennen, was Russlands Präsident Putin, seine Paramilitä­rs und die politische­n Marionette­n in Simferopol derzeit auf der Krim veranstalt­en. Sie rauben der Ukraine einen wichtigen Teil ihres Staatsgebi­ets. Es gibt dafür keine Rechtferti­gung. Deshalb darf es in Brüssel undWashing­ton in der Sanktionsf­rage auch keine faulen Kompromiss­e und kein zögerliche­s Handeln geben.

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