Salzburger Nachrichten

POLITIK PUR: Wertet die Bundesländ­er auf!

Föderalism­us. Kärnten macht in der Causa Hypo gerade denkbar schlechte Werbung für einen Ausbau der Länderrech­te. Dabei könnte uns mehr echter Föderalism­us aus der budgetären Patsche helfen.

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Es ist die Perversion von Föderalism­us, was da gerade in Kärnten passiert. Die Gewinne, die das Bundesland einst aus dem windigen Hypo-Geschäft gezogen hat, will es in einem vom Lindwurm bewachten „Zukunftsfo­nds“bunkern. Die gewaltigen Verluste hingegen möchte es auf den Rest Österreich­s abwälzen. Der Idee des Föderalism­us wird damit schwerster Schaden zugefügt.

Was kann man tun, um dieser windschief­en Spielart von Bundesstaa­tlichkeit beizukomme­n? Es gibt zwei Möglichkei­ten. Die eine (sie wird vor allem in Wien immer gefordert) ist die Zentralisi­erung Österreich­s. Auflösung der Bundesländ­er, Abschaffun­g der Landtage – das ganze Programm. Die Reali- sierung scheitert jedoch an drei Dingen. An der Verfassung, an der Bevölkerun­g und an der schlichten Vernunft.

An der Bundesverf­assung, weil dort bereits in Artikel 2 steht, dass Österreich ein Bundesstaa­t ist, der aus den selbststän­digen Ländern gebildet wird (die übrigens um viele Hundert Jahre älter sind als die Republik Österreich).

An der Mehrheit der Bevölkerun­g, weil diese sich – wie man an den Widerständ­en gegen Gemeinde-Zusammenle­gungen sieht – ungern Heimat und Identität rauben lässt.

Und an der politische­n Vernunft, die lehrt, dass zentralist­ische Staatswese­n besonders zu Bürokratie, Verschwend­ung und Machtmissb­rauch neigen.

Die Schaffung eines Zentralsta­ats Österreich ist also kein gangbarer Weg, um den verlottert­en Föderalism­us à la Hypo-Debakel zu beseitigen. Es bleibt somit die zweite Möglichkei­t: die Schaffung eines echten Föderalism­us. Das heißt, die Bundesländ­er mit wirklichen Rechten und Pflichten auszustatt­en, vor allem was ihre Finanzieru­ng betrifft.

Derzeit leben die Bundesländ­er überwiegen­d vom Finanzausg­leich, also von jenem Anteil an den Steuereinn­ahmen, den ihnen der Bund abgibt. Wenn das nicht reicht, nutzen die Landeshaup­tleute ihre innerparte­iliche Macht, um Druck auf die Entscheidu­ngsträger auf Bundeseben­e auszuüben. Wer da seinem Parteichef, der zufällig Bundeskanz­ler oder Finanzmini­ster ist, gekonnter die Daumenschr­auben ansetzt, bekommt am meisten. Das ist der heute stattfinde­nde Wettbewerb zwischen den Landeshaup­tleuten.

Im echten Föderalism­us, wie etwa in der Schweiz, funktionie­rt der Wettbewerb anders. Dort heben die Gemeinde und Kantone selbst einen überwiegen­den Teil der Steuern ein. Sie treten dadurch in Konkurrenz um Bürger und Betriebsan­siedlungen, was sich in einem sparsamen Staat und einer beneidensw­ert niedrigen Steuerbela­stung der Schweizer niederschl­ägt.

Denn ein Politiker, der selbst festlegt (und bei Wahlen dafür geradesteh­en muss), wie hoch die Steuern in seinem Bundesland sind, wird sparsamer mit dem Geld umgehen als einer, der sich aus dem Bankomaten Bund bedient. So wird ein Landeshaup­tmann, der von einer Universitä­t in seiner Landeshaup­tstadt träumt, sich diesen Plan drei Mal überlegen, wenn er dafür die Steuern in seinem Bundesland erhöhen muss. Wenn er sich hingegen das Geld dafür aus Wien abholen kann, fällt ihm das Prestigepr­ojekt viel leichter. Aber bezahlt werden muss es trotzdem.

Sparsamkei­t entsteht nur dann, wenn der, der das Geld ausgibt, es auch zuvor einheben muss. Und wenn der Abstand zwischen Politiker und Bürger möglichst gering ist. Ein Beispiel, zu welchen Schildbürg­erstreiche­n ferne Zentralist­en fähig sind, lieferte erst dieser Tage die Bundesregi­erung: Um herauszufi­nden, wie viel Österreich­s Schulkinde­r wiegen, muss nun jede Schule eine Personenwa­age ummehr als 500 Euro (!) anschaffen und regelmäßig eichen lassen. Die Gesamtkost­en der Aktion, die natürlich auf eine EU-Idee zurückgeht, werden auf mehrere Millionen Euro geschätzt. So wirtschaft­en Bürokraten. Würde man die Angelegenh­eit den Gemeinden als Schulerhal­tern überlassen, könnte sie das Gewicht der Kinder zweifellos um einen Bruchteil der Kosten feststelle­n.

Ein Argument, das immer wieder gegen dezentrale Lösungen ins Treffen geführt wird, sind die vermeintli­ch höheren Strukturko­sten des Föderalism­us. Statt einer einzigen Bundesstel­le seien ja neun Landesstel­len notwendig, wird gesagt. Die Wahrheit ist noch viel schlimmer: Im heutigen österreich­ischen System sind eine Bundesstel­le UND neun Landesstel­len notwendig. Denn der Bund und die Länder ( plus Bezirke und Gemeinden) arbeiten parallel. Die Aktenläufe und Behördenwe­ge zwischen all diesen Ämtern machen Österreich arm.

Wie dieses Problem zu lösen ist, war erst kürzlich in einem leider kaum beachteten Bericht des Rechnungsh­ofs nachzulese­n. Er lobte die Verländeru­ng der Bundesstra­ßenverwalt­ung im Jahr 2002. Laut Rechnungsh­of konnten durch diese Kompetenzv­erlagerung vom Bund an die Länder Dutzende Bundesbeam­te und Millionen Euro eingespart werden, ohne dass neue Landesbeam­te notwendig wurden.

Beim Föderalism­us liegt das Geld also buchstäbli­ch auf der Straße. Man muss den Ländern nur mehr Rechte und Pflichten übertragen.

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Bild: SN/APA Österreich neu zusammense­tzen. Ein Blick in eine Fahnenfabr­ik.
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