Bis das letzte Quäntchen Qualität beseitigt ist
Die Debatte über die Absage der internationalen PISA-Tests verdeckt ein dringendes, österreichisches Problem. Im April sollten die Deutschkenntnisse aller vierzehnjährigen Schüler überprüft werden. Und auch diese wichtige Maßnahme wurde von Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek gestrichen.
Dabei handelt es sich um die einzige bescheidene Qualitätssicherung in den österreichischen Schulen.
Im Dezember 1999 hat die damalige Ministerin Elisabeth Gehrer, ÖVP, die traditionelle Kontrolle mit einer Verordnung abgeschafft: Kein Landes- schulinspektor kommt mehr in eine Klasse, stellt Mängel fest und macht den Lehrern die Hölle heiß. Man plaudert stattdessen nett über Pädagogik.
Die Nachfolgerin, Claudia Schmied, SPÖ, erbte den Scherbenhaufen, der auch in einem Bericht des Rechnungshofs eine demaskierende Darstellung erhalten hat. Schmied erließ nicht einfach eine neue, brauchbare Verordnung. Mühsam rang man sich in einem jämmerlichen Tauziehen zwischen Ministerin, Beamten und Gewerkschaftern zu den sogenannten Bildungsstandards durch: Nur ein Fach im Jahr wird getestet. Heuer ist Deutsch bei den Vierzehnjährigen an der Reihe.
Sogar diese bescheideneMaßnahme wird nun beseitigt. Weil bei einer ausgelagerten, scheinprivatisierten Stelle desMinisteriums der Computer ein Leck haben soll. Die Ausrede ist zu schlecht, um auch nur eine Sekunde zu halten: Die Übungen werden auf Papier mit einem traditionellen Schreibwerkzeug durchgeführt und können ohne Hilfe eines Computers von den Lehrern problemlos korrigiert werden.
Hier zeigt sich, dass Heinisch-Hosek, SPÖ, an Gehrer, ÖVP, anschließt und sogar weniger für die Qualitätssicherung unternimmt als Schmied.
Die Bildungsdebatte ist zu einem Jahrmarkt verkommen, auf dem jede und jeder als Experte auftritt und laut schreit. Professionelle Pädagogen kennen keine Patentrezepte, aber fast alle, die einmal eine Schulbank gedrückt haben, wissen die richtigen Antworten.
In diesem Tohuwabohu geht ein Grundprinzip unter: Wie unterrichtet wird, mögen die Lehrer entscheiden, aber das Resultat geht alle an. Ob Zehnjährige lesen, schreiben und rechnen können, ob Achtzehnjährige in der Lage sind, eigenständig zu arbeiten, ob Vierundzwanzigjährige sich imWettbewerb behaupten, das sind die entscheidenden Themen des Landes.
Nur eine wirksame Qualitätskontrolle sichert das erforderliche Niveau. Und seit Dezember 1999 wird in Österreich systematisch jede Qualitätskontrolle sabotiert.
Offenbar ist auch das Interesse in der Bevölkerung gering. DasWesentliche wird kaum besprochen: Schüler und Lehrer haben sich in der Schule einer Qualitätskontrolle von außen zu stellen, deren Ergebnisse in der Folge zu konkreten Konsequenzen führen müssen. Und genau das sollte im April für den Deutschunterricht stattfinden.