War die Krim nur ein Etappenziel?
Folgen. Russland will mehr von der krisengeschüttelten Ukraine als die Krim – die wichtigsten Fragen und Antworten.
KIEW, MOSKAU (SN, dpa). Russland treibt unbeeindruckt von Sanktionsdrohungen des Westens die Eingliederung der SchwarzmeerHalbinsel Krim voran. Mit seiner Auslegung internationalen Rechts steht Russlands Präsident Wladimir Putin allein da. Wie geht es nach dem Referendum weiter? Das Parlament auf der Krim will am Montagmorgen zusammenkommen, um die Ergebnisse des Volksentscheids zu bestätigen. Parallel dazu wird mit russischen Kollegen ein Programm für die wirtschaftliche Entwicklung umgesetzt. So soll nach Angaben von Regierungschef Sergej Aksjonow kommende Woche der Russische Rubel als Parallelwährung zur ukrainischen Griwna eingeführt werden. Mit welchem Verhalten der Ukraine ist zu rechnen? Die Ex-Sowjetrepublik hat auf der Halbinsel noch immer Soldaten stationiert. Sie blieben dort auch nach dem Referendum, betonte der geschäftsführende Verteidigungsminister Igor Tenjuch in Kiew. „Sie sind Vertreter der ukrainischen Streitkräfte – und deshalb werden wir uns von der Krim nicht fortbewegen, weil das unser Boden ist“, unterstrich er. Die Ukraine könnte auch die Versorgung der Halbinsel etwa mit Wasser, Gas und Elektrizität stören. Wie will die Krim-Führung diese möglichen Störmanöver aus der Ukraine überstehen? Die Behörden auf der Krim haben sich nach dem Umsturz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew und der Flucht von Präsident Viktor Janukowitsch losgesagt von der Zentralregierung. Sie hoffen nun ganz auf den Schutz Russlands, den Kremlchef Wladimir Putin in vollem Umfang zugesichert hat. Moskau ist dem Vernehmen nach bereit, Milliarden in die Entwicklung der Krim zu investieren. Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow hat außerdem angekündigt, gegebenenfalls ukrainisches Staatseigentum zu verkaufen, um finanzielle Lücken zu schließen. Er äußerte aber auch die Hoffnung, dass die ukrainischen Banken nicht die Konten der Krim-Bewohner sperren. Was die Wasserversorgung angeht, so haben die Behörden nach eigenen Angaben einen Vorrat für einen Monat angelegt. Mit Diesel betriebene Generatoren sollen gegen Stromausfälle helfen. DerWesten fordert Russland weiter zum Einlenken auf, droht mit Sanktionen. Warum lässt sich Moskau davon nicht beeindrucken? Dafür gibt es mehrere Gründe. Russland will mit seiner harten Gangart in der Krim-Krise auch seinen Protest äußern gegen den Machtwechsel in der Ukraine. Kremlchef Wladimir Putin erkennt die neue Regierung nicht an und wirft ihr vor, von rechtsextremen Nationalisten durchsetzt zu sein, die nun die russische Minderheit in der Ukraine bedrohten. Beweise dafür gibt es aber nicht. Putin fordert den Westen nun auf, das Krim-Referendum als Ausdruck der Selbstbestimmung der dortigen Bevölkerung zu akzeptieren. Er beruft sich auf das Völkerrecht. Zudem sieht die große Mehrheit der Russen die Halbin- sel bis heute als Teil ihrer Heimat an. Viele sehen angesichts der geschwächten Ukraine nun die „historische Chance“, das Gebiet, das Kremlchef Nikita Chruschtschow 1954 der Ukraine schenkte, wieder „zurückzuholen“. Wie geht es im Rest der Ukraine weiter? Die Lage ist instabil. Die Regierung in Kiew kämpft gegen einen Staatsbankrott und muss das krisengeschüttelte Land nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch auf Wahlen vorbereiten. Militär und Polizei gelten als demoralisiert, sodass die öffentliche Ordnung gefährdet ist. „Die Miliz hat begonnen, Angst zu haben. Und wenn die Miliz anfängt, vor der Bevölkerung Angst zu haben, ist alles vorbei“, sagte Vizeinnenminister Jarowoi.