Geheimnis um Hirschers Stärke
Erfolgsduo. Ferdinand Hirscher, Vater und Betreuer des dreifachen Weltcupgesamtsiegers, verrät, ob er in Sotschi oder Lenzerheide nervöser und welcher Erfolg der schwierigste war.
LENZERHEIDE (SN). Die beiden sind ein Herz und eine Seele. Als der schnauzbärtige Ferdinand Hirscher, der seinen Sohn seit Kindestagen an trainiert und betreut, im April 2013 bei der LeonidasSportgala der SN als Salzburgs „Trainer des Jahres“geehrt worden ist, da waren beide sichtlich gerührt. Und auch am Wochenende in Lenzerheide haben Marcel und „Ferdl“viele emotionale Momente erlebt – als zugleich der Gewinn der großen Weltcup-Kristallkugel und der Verlust der kleinen Kugel im Riesentorlauf, über die Ted Ligety jubelte, feststanden, und dann nach dem Erfolg im finalen Slalom, der ihm auch den Slalomweltcup sicherte.
Herr Hirscher, wie haben Sie denn die letzten Rennen erlebt? „Wie immer an der Strecke. Ich muss sagen, das war schon eine harte Sache für Marcel, vor allem wegen der Muskelprobleme, die im ersten Riesentorlauf-Durchgang akut geworden sind. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich hier nervöser war als vor dem Olympiaslalom in Sotschi.“
Marcel H. hat wieder einmal seine extreme mentale Stärke bewiesen, das Glanzstück war ja der WM-Titel in Schladming, den die ganze Skination Österreich von Marcel erwartet hat. Wie schafft er diesen mentalen Kraftakt? „Wenn man im Kopf so stark ist wie Marcel, das muss man ganz einfach haben, das kann man nicht lernen. Eine Rolle dabei spielt natürlich auch: Je besser einer technisch Ski fährt, umso weniger oft scheidet er aus.“Das technische Können hat er wohl Vaters spezieller Ausbildung von klein auf zu verdanken, oder? „Ich habe schon immer eine gewisse Grundvorstellung vom Skifahren gehabt. Aber das hilft alles nichts, wenn es der Athlet nicht umsetzen kann.“Bei Marcel hat es offensichtlich geklappt, und er ist, wie Hermann Maier, ein mentales Naturtalent.
Ferdl Hirscher erinnert an Situationen wie in Schladming, Sotschi oder jetzt in Lenzerheide, wo sein Sohn die Chance hatte, die große und zwei kleine Weltcupkugeln (RTL und Slalom) zu gewinnen. „Da hört er immer wieder von vielen Seiten: Brauchst eh nur herunterfahren, das schaffst schon. Aber oben im Starthaus ist der Athlet allein und muss den Druck aushalten. Und der Druck aufMarcel ist seit Jahren gewaltig. Man erwartet von ihm, dass er in jedem Rennen ein gutes Resultat erzielt, über die ganze Saison. In den vergangenen zwei Wochen hatte er elf Skitage, das geht schon sehr an die Substanz.“
Und welcher der drei WeltcupGesamtsiege war der schwierigs- te? „Die erste Kugel ist passiert, bei der zweiten ist es noch halbwegs leicht gegangen, aber jetzt bei der dritten war es schon sehr zäh. Nur ein Beispiel: Parallelbewerbe sind ersatzlos gestrichen worden, aber die Rennen in Kvitfjell, wo Svindal die Chance auf viele Punkte hatte, sind durchgedrückt worden“, meinte Ferdinand Hirscher. Und Marcel sagte: „Ich bin einfach nur froh, dass es vorbei ist, es war jeden Tag ein Drahtseilakt. Danke an das ganze Team, ich bin ja hin und wieder ein schwieriger Patient.“
Herr Hirscher, inwiefern ist Marcel ein schwieriger Patient? „Im Prinzip hat er sich in all den erfolgreichen Jahren nicht verändert, unter uns ist das Auskommenmit ihm sehr gut. Er stellt halt einen hohen Anspruch, vor allem an sich selbst. Und das erwartet er auch von seinem Umfeld. Das macht jeder Spitzensportler.“