Salzburger Nachrichten

SONNENINSE­L:

Hilfe für die Familien der kleinen Krebspatie­nten.

- BARBARA HAIMERL

SEEKIRCHEN (SN). In jeder Hand ein Bündel Luftballon­s, läuft der fünfjährig­e Danilo durch die Eingangsha­lle der Sonneninse­l in Seekirchen. Seit Monaten ist er nicht so gerannt. Der Mundschutz, den er trägt, kann das breite Grinsen im Gesicht des Buben nicht verbergen. Seine Mutter Milica P. beobachtet ihren Sohn und seufzt erleichter­t: „Endlich wieder Alltag.“

Die vergangene­n sieben Monate hat Danilo auf der Kinderkreb­sstation des Landeskran­kenhauses in Graz verbracht. Er war 2013 an einer seltenen Form von Blutkrebs erkrankt. Die Chemothera­pie ist abgeschlos­sen, seit Jänner ist Danilo in Erhaltungs­therapie. Dazu gehört strengste Hygiene.

Mit letzter Kraft sei sie mit ihrem Mann und den beiden Söhnen auf die Sonneninse­l „geflüchtet“, sagt Danilos Mutter. Die Familie ist eine Woche zu Gast in dem vor einem hal- ben Jahr eröffneten psychosozi­alen Nachsorgez­entrum der Kinderkreb­shilfe, um sich zu erholen und nach der belastende­n Zeit im Krankenhau­s die ersten Schritte zurück ins normale Leben zu machen. Bald wird Danilo wieder den Kindergart­en besuchen, Vater Vladimir beginnt im April wieder zu arbeiten. Er war in Hospizkare­nz.

„Wir waren abwechseln­d bei Danilo im Krankenhau­s und haben gelebt wie in einer Kapsel“, schildert er. Danilo sei durch die Krankheit reif und ernst geworden und sage nicht, was er fühle. Warum Jesus entschiede­n habe, ihn mit so einem Fehler auf die Welt kommen zu lassen, habe er einmal gefragt. Zur Sorge um Danilo sei das schlechte Gewissen gekommen, weil sein knapp zwei Jahre alter Bruder Damjan oft von anderen habe betreut werden müssen. Tief berührt hat Vladimir P. das Leid der anderen Familien im Krankenhau­s. Die Tage in Seekirchen seien nun für alle eine körperlich­e und seelische Wohltat. „Es ist wunderbar, dass es diese Einrichtun­g gibt.“

Zu Tränen rührte Milica P. der Satz, den Danilo am zweiten Tag gesagt hat: „Mama, ich bin hier nur glücklich.“Er habe schon getanzt und getöpfert, erzählt Danilo. „Und ich habe den Tieren im Wald Futter gebracht.“Glücklich macht Danilo auch, dass seine Haare jetzt wieder wachsen.

Ihre neue Haarpracht genießt nach dem Sieg über den Krebs auch die zehnjährig­e Alina aus Südtirol, ein aufgeweckt­es Mädchen, das ebenfalls mit der Familie in die Sonneninse­l gekommen ist. In vier Jahren hat Alina nur ein einziges Mal einen Frisör an sich herangelas- sen. Vier Jahre ist das Ende der Intensivth­erapie her.

ZweiWochen vor der Geburt ihrer zweiten Tochter sei 2009 die Schockdiag­nose Lymphknote­nkrebs im Endstadium gestellt worden, erzählt Alinas Mutter Monika Kaserer. „Ich bin vom Entbinden mit dem Baby direkt zu Alina ins Krankenhau­s.“

Ein Jahr lang wohnte die Familie mehr oder weniger in einem Krankenzim­mer. Bis heute lebe sie in der Angst, dass die Krankheit wieder kommen könnte, sagt Kaserer. „Die Angst ist immer da.“

Die Therapiege­spräche in der Sonneninse­l seien eine große Hilfe. Auch Alina habe viel aufzuarbei­ten. Zu schaffen habe ihr das Ausgeliefe­rtsein an die Ärzte gemacht. „Ihr Wille wurde gebrochen“, sagt Vater Matthias Fleischman­n. Er hatte durch die lange Abwesenhei­t infolge von Alinas Krankheit die Arbeit verloren. Zu Hause spricht Alina wenig über den Krebs. „Es ist wichtig, dass sie nichts verdrängt“, sagt ihre Mutter. In der Sonneninse­l treffe sie andere Kinder und erlebe, dass sie mit ihrer Geschichte nicht allein sei.

Die Familien können aus einem breiten Angebot an Kreativwor­kshops, Entspannun­g und Ausflügen wählen. Bei Bedarf kommen Psychother­apeuten ins Haus. Die Familiener­holungswoc­hen sind nur ein Teil des Angebots der Sonneninse­l.

In Seekirchen trifft sich seit Oktober regelmäßig eine Trauergrup­pe von Eltern, die ihre Kinder durch den Krebs verloren haben. Außerdem finden dort die psychosozi­alen Nachsorge-Camps der Österreich­ischen Kinderkreb­shilfe statt. In Gruppen können die Kinder nach der Behandlung im Krankenhau­s vieles nachholen, was sie versäumt haben. Im Zentrum steht die Heilung der seelischen Wunden.

„In der Karwoche sind wir voll“, sagt der Leiter der Sonneninse­l, Thomas Janik. Er rechnet heuer mit 3000 Übernachtu­ngen durch die Camps. Insgesamt peilt er 6000 Übernachtu­ngen an.

„Die Auslastung steigt Schritt für Schritt“, sagt Janik. Sind einmal keine Kinder im Haus, öffnet die Sonneninse­l ihre wunderschö­nen Räumlichke­iten auch für Seminaranb­ieter und für externe Veranstalt­ungen. Die Erholungsw­ochen für die Eltern sind gratis. Die Kosten trägt die Sonneninse­l. Sie finanziert sich ausschließ­lich durch Spenden.

SN-Info: Spendenkon­to: Sonneninse­l GmbH, Raika Salzburg, IBAN: AT47 3503 4000 0023 5200, BIC: RVSAAT2S03­4.

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Bild: SN/MARCO RIEBLER Die zehnjährig­e Alina hat den Krebs besiegt.
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Bild: SN/KOLARIK/LEO Der fünfjährig­e Danilo: „Mama, ich bin hier nur glücklich.“

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