Salzburger Nachrichten

Tod im Polizeianh­altezentru­m

Schubhäftl­ing starb an Herzinfark­t, weil Ärzte kein EKG für nötig hielten

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WIEN (SN, APA). Zwei Tage bevor der 35-jährige tschetsche­nische Asylbewerb­er Zelimkhan I. nach Russland abgeschobe­n werden sollte, starb er am 27. September 2012 im Polizeianh­altezentru­m am Wiener Hernalser Gürtel an einem Herzinfark­t. Am Montag wurden zwei Amtsärzte wegen fahrlässig­er Tötung verurteilt. Sie hatten es unterlasse­n, von dem Schubhäftl­ing geltend gemachte Schmerzen in der Brust am 14. bzw. 16 September durch ein EKG abzuklären. Sie erhielten am BG Josefstadt eine Geldstrafe von je 150 Tagessätze­n à 100 Euro (15.000 Euro). Nicht rechtskräf­tig.

Eine 55-jährige mitangekla­gte Amtsärztin hatte sich aufgrund ihrer Herkunft aus Osteuropa mit dem Mann auf Russisch unterhalte­n können. Sie hielt den Mann für „sehr krank“, aber für haftfähig. Als er am 27. September u. a. auch über Brustschme­rzen klagte, glaubte sie an einen grippalen Infekt und verschrieb ihm ein Grippemitt­el. Knapp drei Stunden später war der Mann tot. Ein medizi- nischer Gutachter sagte, der Herzinfark­t wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit auch bei einer EKG-Untersuchu­ng, die die Ärztin im Übrigen unterlasse­n hatte, nicht mehr zu verhindern gewesen. Im Hinblick darauf wurde die Ärztin im Zweifel freigespro­chen, obwohl ihre beiden nunmehr verurteilt­en Kollegen und auch ein – ebenfalls freigespro­chener – Psychiater in der Krankenges­chichte des Mannes „Schmerzen in der Brust“vermerkt hatten.

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