Parlamentsbesucher lassen sich nicht hyp(o)notisieren
Sondersitzung. Die Regierung weiß nun, wie sie das Hypo-Debakel lösen will. Doch im Nationalrat zeigt sich, dass für Opposition und Steuerzahler die Sache nicht so klar ist.
WIEN (SN). Als unten, im Sitzungssaal des Nationalrats, Finanzminister und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) „einen Schlussstrich unter das Hypo-Debakel setzt“, ist für Andreas Steinhalter, oben auf der Besuchertribüne, noch lang nicht Schluss.
Denn während die Regierung sich dafür entschieden hat, die Hypo als eine Bad Bank in Form einer Kapitalgesellschaft abzuwickeln, beschäftigt sich Steinhalter erst seit wenigen Tagen mit dem Thema. Er sei nicht so an Politik interessiert, habe selbst genug zu tun, sagt der 39-Jährige. Doch dann hat Steinhalter die Zahl von 19 Milliarden Euro gehört. So viel könnte die Hypo kosten. Steinhalter konnte sich diese Zahl nicht vorstellen. „Da habe ich mich mit dem Thema beschäftigt“, sagt der Steirer, der extra für die Nationalratssondersitzung nach Wien gereist ist. „Ich wollte sehen, wie die über unser Geld reden.“Er nickt in Richtung Sitzungssaal.
Dort erklärt der Finanzminister gerade, dass die sechs südosteuropäischen Töchter der Hypo so rasch wie möglich verkauft werden, die restlichen Teile der Bank dereguliert und in eine privatwirtschaftliche Gesellschaft übergeführt werden sollen. Auf der Besuchergalerie kann man förmlich die Fragezeichen sehen, die in der Luft schweben.
„Ich verstehe kein Wort“, murmelt ein Student, der seinen Namen nicht nennen will. Er beteuert, sich zu bemühen, das Thema zu verstehen. „Als Bürger habe ich ja die Pflicht dazu.“Doch weder Regierungs- noch Oppositions- politiker brächten Klarheit in das Zahlenchaos . „Außerdem, wieso sind die Besucherränge bei dem Thema halb leer?“, fragt der Student.
Währenddessen holt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zum verbalen Gegenschlag aus. „Der ökonomische Wahnsinn trägt eine blaue Handschrift“, hat Spindelegger erklärt. Strache schäumt, Olivia Shannon grinst. Die 27-jährige Besucherin wollte sich einmal „das Theater“, wie sie es nennt, ansehen. Sie ist begeistert vom Unterhaltungswert und erschüt- tert über den „politischen Schaulauf“. „Dieses Problem braucht, glaube ich, eine Lösungsstrategie“, sagt sie, „und nicht gegenseitige Schuldzuweisungen.“
Doch die sind heute im Nationalrat öfter zu hören. Auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sieht die FPÖ in der Verantwortung, will aber deshalb die Kärntner nicht hängen lassen. Was er sehr wohl will, sind die 500 Millionen Euro vom HypoVerkauf, die die Kärntner in ihrem Zukunftsfonds geparkt haben. „Ich finde nicht, dass Kärnten zah- len soll“, sagt Shannon. „Wir sind ein Land und müssen das gemeinsam stemmen. Früher haben alle Haider hofiert, jetzt schiebt man alles nach Kärnten.“
Im Sitzungssaal wird es laut. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka wehrt sich gegen die Aussage des grünen Finanzsprechers Werner Kogler, der die Regierung als organisierte Verbrecherbande bezeichnete. Kogler wirft der Regierung vor, nicht das bestmögliche Rettungsmodell gewählt zu haben. „Man muss retten, was zu retten ist, und untersuchen, was zu untersuchen ist“, sagt er. Für Letztgenanntes brauche es einen Untersuchungsausschuss, den die Regierungsfraktionen nicht länger verhindern dürften.
„Ob das was bringt?“, fragt Andreas Steinhalter. Wenn es nach Matthias Strolz von den Neos geht, ist ein Untersuchungsausschuss unumgänglich: „Der Untersuchungsausschuss wird kommen.“Auch wenn ein entsprechender Antrag diesmal abgelehnt wurde. Steinhalter überlegt: „Vielleicht kann man ja dort mal reinen Tisch machen.“So würde er es machen: Alle Informationen sammeln und dann entscheiden. „Vielleicht stelle ich mir da Politik zu einfach vor, aber ich würde es so versuchen.“