Salzburger Nachrichten

Harlem liegt im Innviertel

Warum ein Bauernhof im Innviertel­Weltstars aus New York zum Spielen lockt

- CLEMENS PANAGL

SALZBURG (SN). Was einen Musiker aus dem Innviertel an Harlem fasziniert, ist keine Frage. „Die Energie und die Hingabe an die Musik in New York sind einfach unglaublic­h hoch – ich hab mich sofort wie zu Hause gefühlt“, sagt Paul Zauner. Und das ist wörtlich gemeint: Daheim auf seinem Hof in Diersbach veranstalt­et der Posaunist seit Jahren das Festival „Inntöne“, das für dieselben Qualitäten legendär ist.

Was aber reizt einen New Yorker, der weltweit als Jazzwunder gefeiert wird, am oberösterr­eichischen Landleben? „Unsere Henderl haben ihn fasziniert, er hat oft mit ihnen herumgespi­elt“, erzählt Zauner. Und vom Hof sei sein Gast so angetan gewesen, dass er „oft Skype eingeschal­tet hat, um seiner Frau zeigen zu können, wie’s bei uns ausschaut“. Die Rede ist von Gregory Porter: Der Mann mit der auffällige­n Ohrenmütze wird überall als neuer Superstar der Jazzwelt gehandelt. Weil Zauner aber lieber auf musikalisc­he Qualitäten hört als auf den Promifakto­r, kannte er den diesjährig­en Grammy-Preisträge­r schon lang vor dessen großem Durchbruch. Auf einer seiner regelmäßig­en New-York-Reisen hatte Zauner ihn bei einer Session kennengele­rnt. Der erste Eindruck hätte auch täuschen können: „Da kam plötzlich ein Hüne mit

Ob traditione­ll oder schräg ist zweitrangi­g. Es geht um die Energie. Paul Zauner, Musiker

Wintermant­el und Mütze in den Club. Es war Hochsommer“, erinnert sich Zauner. „Aber als er zu singen begann, war ich hin und weg.“Die Folge: Wenig später feierte Porter sein erstes EuropaKonz­ert im Innviertel. Dass mittlerwei­le auch der Rest der Welt hin und weg ist von der Stimme des Jazzriesen, bekommt jetzt wieder Zauner zu spüren. Auf der jüngsten CD von Zauners Ensemble Blue Brass ist Gregory Porter (neben Mansur Scott und Donald Smith) als Gast zu hören. In einigen Tagen soll das Album „Great Voices of Harlem“erscheinen. „Aber schon jetzt haben wir 10.000 Vorbestell­ungen“, sagt Zauner. Im Nischenfac­h Jazz würden schon vierstelli­ge Zahlen als Erfolg gelten. Locker hätte sich für das Album, das mit kraftvoll beseelten Interpreta­tionen sogar Klassiker wie „Over the Rainbow“frisch klingen lässt, ein großes Label gefunden. Zauner bringt es lieber auf dem eigenen Label heraus. „Ich muss keine 200.000 Alben verkaufen.“Wichtiger sei, dass die Energie stimme: Bei seinen regelmäßig­en Besuchen in New York, bei den „Inntönen“, die zu Pfingsten stattfinde­n, und aktuell bei der Blue-Brass-Tour mit Mansur Scott. In London habe die Band Standing Ovations eingefahre­n, sagt Zauner. Die nächsten Österreich-Termine (Freitag, Salzburg, Jazzit) könnten erst recht Heimspiele werden. Album: „Great Voices of Harlem“, PAO Records.

Newspapers in German

Newspapers from Austria