Salzburger Nachrichten

Höllenfahr­t mit Originalkl­ang

Nikolaus Harnoncour­t setzt mit „Don Giovanni“die Mozart-Trilogie fort

- ERNST P. STROBL

WIEN (SN). Wenn der Vorhang aufgeht, hat sich der Anblick ein wenig verändert. Nach „Le nozze di Figaro“, wo auf der Rückwand – Bühnenbild zu sagen scheint übertriebe­n – eine Ahnengaler­ie mit Leerstelle­n aufgehängt war, ist nun bei „Don Giovanni“die Bilderreih­e weiter gefüllt. Für das Pendant im Programmhe­ft gibt es Aufkleber des aktuellen MozartPers­onals. Denn der ganze DaPonte-Zyklus ist eng verzahnt, wie Nikolaus Harnoncour­t betont, der am Montag im Theater an der Wien nach der ersten von zwei konzertant­en Aufführung­en des „Don Giovanni“mehr als alle anderen bejubelt wurde. Der Altmeister und sein altmeister­licher Concentus Musicus geben wieder Lehrstunde­n in Klangbildk­unde bis hin in die Rezitative. Allerhand kann einem bekannt vorkommen, speziell was Harnoncour­ts Tempovorst­ellungen betrifft. Immerhin gilt sein Salzburger „Don Giovanni“, damals gemeinsam mit Regisseur Martin Kusej, bis heute als nachhaltig­e Sensation.

Eine, die auch in Salzburg beteiligt war, ist Christine Schäfer, damals in der Nachfolge von Anna Netrebko als Donna Anna. Die Contessa im „Figaro“vor zehn Tagen gelang ihr weniger gut, ihre Donna Anna nun, die nach dem Mord am Vater wie eine Schlafwand­lerin wirkt, ist berührend in aller Verletzlic­hkeit, die Christine Schäfer offenbart.

Zu entdecken ist Maite Beaumont als sichere Donna Elvira, welcher Leporello ( profund: Ruben Drole) anhand gezupfter Blütenblät­ter das Damenregis­ter seines Weiberheld­en-Chefs vorzählt. Eine kleine Besetzungs­schwäche, gar nicht gesanglich, sondern vom Typus her: André Schuen. Er ist ein blutjunger Don Juan, die Hände im Hosensack wirken aufgesetzt draufgänge­risch, sein Register ist wohl eher ein feuchter Traum als Lebenserfa­hrung. Wird schon. Entzückend ist Mari Eriksmoen als Zerlina, ein Kraftlacke­l Mika Kares als Masetto, der auch den Komtur orgelt. Mauro Peter meistert Don Ottavio mit lyrischer Schönheit. Fazit: eine Versuchsan­ordnung, der mitunter die Energie abhandenko­mmt.

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