Für Nationalbanker kommt’s amdicksten
Sonderpensionen. Wie mit der Klage gegen eine Solidarabgabe eine Lawine mit 9600 Betroffenen losgetreten wurde.
WIEN (SN-i.b.). Offiziell bestreitet er es. Insgeheim dürfte sich Robert Kocmich, Zentralbetriebsrat bei der Oesterreichischen Nationalbank, aber vielleicht doch wünschen, er hätte nie eine Klage gegen die Solidarabgabe eingebracht, die pensionierten und aktiven OeNB-Mitarbeitern mit Altverträgen (vor 1993) seit gut einem Jahr abverlangt wird. Mit den drei Prozent Pensionsbeitrag für Aktive und den 3,3 Prozent Pensionssicherungsbeitrag für Pensionisten wären die Banker bzw. Ex-Banker im Gegensatz zu anderen Gruppen im staatlichen und halbstaatlichen Sektor glimpflich davongekommen. Im Schnitt werden ihnen so seit 1. Jänner vergangenen Jahres ein paar Hunderter monatlich abgeknöpft, dem einen mehr, dem anderen weniger.
Jetzt kommt’s durch denWiderstand aus der Nationalbank heftiger. Und das für alle im öffentlichen Bereich Beschäftigten mit alten Sonderpensionsregelungen, wie der nun verschickte Begutachtungsentwurf vorsieht. Bringen soll der Eingriff in bestehende Verträge und Sonderpensionen zehn Millionen Euro. Die größten Kürzungen betreffen die OeNB:
Der Pensionssicherungsbeitrag der Nationalbankpensionisten wird 2015 von 3,3 auf 5,8 Prozent erhöht (womit „Bundesbahnbeamte“im Ruhestand längst leben müssen). Mehr noch: Bei Pensionsteilen jenseits der Höchstbeitragsgrundlage (4530 Euro) steigt der Sicherungsbeitrag gestaffelt von fünf auf bis zu 25 Prozent. Das bedeutet z. B. für einen Ex-Nationalbanker mit einer Spitzenpen- sionen von 29.000 Euro brutto den Verlust von 4500 Euro monatlich.
Zweitens werden die Pensionsbeiträge der vor 1993 Eingetretenen und noch Aktiven auf 10,25 Prozent für Gehaltsteile bis zur Höchstbeitragsgrundlage erhöht, jenseits davon werden drei Prozent kassiert.
Drittens wird ihr Pensionsantrittsalter erhöht: Nach bisheriger Sonderregelung konnten sie nach 35 Dienstjahren im Alter von 55 in den Ruhestand treten – mit 85 Prozent des Letztbezugs. Nun wird schrittweise auf 38 Dienstjahre und ein Antrittsalter von 61,5 Jahre erhöht (Vorbild sind ebenfalls die zehn Jahre zurückliegenden Eingriffe in Sonderpensionsrechte bei den ÖBB, Anm.).
Viertens werden die Pensionen ehemaliger Nationalbankmitarbeiter in Zukunft entsprechend dem ASVG und nicht mehr nach dem wesentlich günstigeren Bankenkollektivvertrag erhöht.
Und fünftens werden künftige Sonderpensionen mit 17.800 Euro brutto begrenzt.
All das führt dazu, dass es bei der OeNB überproportional viele Betroffene durch die Einschnitte in Sonderrechte gibt. Die Regie- rung geht davon aus, dass es in allen Bereichen zusammen 9600 Leute trifft, davon allein 1880 bei der Nationalbank. Bei den Sozialversicherungsträgern dürften bis zu 4000 noch aktive und schon pensionierte Mitarbeiter zur Kassa gebeten werden, hier werden ebenfalls (aber anders als bei der OeNB) die Pensions- und die Pensionssicherungsbeiträge erhöht. Von den Spitzenbeamten imRuhestand dürfte es rund 1200 treffen, wobei die Staffel mit den zusätzlichen Pensionssicherungsbeiträgen erst bei Bruttopensionen von 6795 Euro beginnt, dafür gleich mit zehn Prozent. Zudem könnten bis zu 500 ORF-Pensionisten und bis zu 150 ÖBB-Pensionisten betroffen sein. Der Rest verteilt sich auf Kammern (AK, WKÖ, Wirtschaftstreuhänder, Ziviltechniker, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker), ausgegliederte Unternehmen (u. a. Schönbrunn, ÖIAG, Bundesfinanzierungsagentur, Verbund, RHkontrollierte Kreditinstitute), auf Altpolitiker und Ex-Verfassungsrichter. Überall gibt es aufgrund von zum Teil schon längst bestehenden Pensions- und Pensionssicherungsbeiträgen andere Regeln.
Der Gang zum Höchstgericht bleibt den Betroffenen trotz des geplanten Rahmengesetzes im Verfassungsrang offen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) rechnet fix mit „etlichen Klagen“gegen dieses „Aufräumen der Vergangenheit“.
Der OeNB-Zentralbetriebsrat Kocmich nimmt das Wort Klage noch nicht in den Bund. „Davon sind wir weit entfernt“, sagt er auf SN-Anfrage. Die Frage, ob es ihm unterdessen leid tue, diese Lawine losgetreten zu haben, beantwortet er folgendermaßen: „Leben wir in einem Rechtsstaat? Als Staatsbürger muss es jedem freigestellt sein, sich gegen Eingriffe in Privatverträge zu wehren. Das haben wir getan. Das wird uns übelgenommen, indem man sagt: Jetzt erst recht, jetzt mit Verfassungsgesetz. Und das für Einnahmen von zehn Millionen Euro. Ob es einem Staat gut steht, so etwas zu tun, weiß ich nicht. Man braucht nur über die Grenze zu schauen. Der Herr Orbán macht das auch so.“