Das Amtsgeheimnis wird gelockert
Doch der Entwurf wird von Experten zerpflückt: Zahlreiche Hintertüren könnten das Gesetz jederzeit aushebeln
WIEN (SN-zim). Da war die Sache mit den Bienen. Im Frühjahr des Vorjahres weigerte sich das Umweltministerium beharrlich, bekanntzugeben, wie viel von dem für Bienen schädlichen Neonicotinoiden Jahr für Jahr in die Umwelt gelangen. Dabei lagen im Ministerium, damals noch unter Minister Nikolaus Berlakovich (ÖVP), alle Daten zum Gebrauch des hochgiftigen Pestizids penibel geordnet auf. Warum also die große Geheimhaltung? „Amtsgeheimnis“, hieß es.
Geht es nach der Regierung, soll dieses Argumentkünftig nicht mehr gelten. Das Amtsgeheimnis soll gelockert und per Verfassungsgesetz das „Prinzip der Informationsfreiheit“durchgesetzt werden. Am Dienstag ging der entsprechende Gesetzesentwurf in Begutachtung. Demnach soll es künftig für Behörden, staatsnahe Unternehmen und eingeschränkt für die Gerichtsbarkeit grundsätzlich eine Informationspflicht geben. Miteinbezogen werden die Länder. Und auch die gesetzlichen Kammern sollen gegenüber ihren Mitgliedern auskunftspflichtig sein. Kurz gesagt: Bürger sollen nicht mehr Bittsteller sein, sondern umgekehrt: Staatliche Institutionen sollen die Pflicht haben, den Bürgern umfassend Auskunft zu erteilen.
Österreich ist das einzige Land in der EU, das das Amtsgeheimnis noch in der Verfassung stehen hat. Das Grundprinzip der Amtsver- schwiegenheit sei nicht mehr zeitgemäß, hatte es zuletzt immer häufiger von den Regierungsparteien geheißen. Und: Staatliches Handeln soll mit dem Entwurf transparenter gestaltet werden.
Es sind aber auch Beschränkungen der Auskunftspflicht vorgesehen, etwa aus datenschutzrechtlichen Gründen, weil es außen- und integrationspolitisch Gründe gibt oder weil eine Veröffentlichung die nationale Sicherheit betreffen wäre. Und: Bund und Länder müssen nach Beschluss der Verfassungsänderung freilich noch die nötigen Begleitgesetze erlassen.
Das ist es auch, was die Experten des Forums Informationfreiheit schon nach einer ersten Durchsicht des Entwurfs auf den Plan ruft: In diesem Entwurf seien so viele Hintertüren eingebaut, dass man das neue Gesetz im Fall des Falles problemlos aushebeln könnte, heißt es. „In jedes neue Bundesgesetz, in jedes Landesgesetz könnte man neue Ausnahmen einarbeiten“, sagt Josef Barth, Sprecher des Forums. Der Entwurf sei jedenfalls „kein Fortschritt“. Weder seien internationale Mindeststandards in den Entwurf eingeflossen noch sei ein „Informationsfreiheitsbeauftragter“vorgesehen, kritisiert er. Ob diese Kritik noch einfließen wird? Der Entwurf ist nun jedenfalls sechs Wochen in Begutachtung. Beschlossen werden soll das Gesetz dann vor dem Sommer.