Salzburger Nachrichten

Das liberale Dritte Reich und der g’scheite Mölzer

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DieMeinung­sfreiheit und die Freiheit zu sagen, was immer man sagen will, ist eines der wichtigste­n Menschenre­chte. Dazu gehört auch, dass jeder Mensch das Recht hat, sich selbst unsterblic­h zu blamieren und sich als Hohlkopf zu entlarven.

Der freiheitli­che EU-Abgeordnet­e Andreas Mölzer hat das gerade getan. Manche Leute bezeichnen den Mann als den intellektu­ellen Kopf in der Freiheitli­chen Partei Österreich­s, was nicht unbedingt ein gutes Licht auf den Rest der Truppe wirft. In einer Diskussion hat er dieser Tage festgestel­lt, die Europäisch­e Union sei eine Diktatur und im Vergleich dazu sei das Dritte Reich „wahrschein­lich formlos und liberal“gewesen.

Es ist ja weithin bekannt, dass manche FPÖler ein etwas eigenartig­es Geschichts­verständis haben, dieser Vergleich freilich ist von besonderer Pikanterie.

Herr Mölzer weiß sicherlich, dass sich das Dritte Reich mit Parteienvi­elfalt nicht belastete, im Gegensatz zum heutigen Europa, in dem es nur so von politische­n Gruppierun­gen unterschie­dlichster Art wimmelt. Möglich, dass Mölzer sich nach jener Zeit zurücksehn­t, da einer wie er sich nur der einzigen erlaubten Partei anschließe­n musste – und er sicher sein konnte, dass er sich nicht mit abweichend­enMeinunge­n herumschla­gen musste.

Herr Mölzer weiß vermutlich auch, dass im „liberalen“Dritten Reich Leute mit abweichend­en Ansichten entweder im Konzentrat­ionslager, auf dem Schafott oder in einer Strafkompa­nie an der Ostfront landeten, während in der „diktatoris­chen“EU Leute wie er selbst im Parlament jede Menge Unsinn absondern können und dafür auch noch fette Gagen und Diäten kassieren und das Privileg genießen, sich Volksvertr­eter nennen zu dürfen.

Herr Mölzer weiß sicher auch, dass im „formlosen“Dritten Reich anständige­n Bürgern ganz „formlos“Haus und Hof und Geschäft gestohlen oder Kunstschät­ze abgepresst wurden, ganz einfach deshalb, weil diese Bürger den Machthaber­n „rassisch“nicht zu Gesicht standen. Er selbst galt ja lange Zeit als der ideologisc­he Einflüster­er eines Parteichef­s, der die Früchte einer solchen „liberalen und formlosen“Arisierung in Kärnten genoss.

Und er weiß auch, dass die „liberalen und formlosen“Herrscher des Dritten Reichs mit Begeisteru­ng ins Ausland reisten, vorzüglich mit Panzern, Kanonen und Millionen von Soldaten. Die böse EU-Diktatur hingegen setzt ja ständig auf Diplomatie.

KeinWunder, dass es mit Europa bergab geht, wenn solche Leute im EU-Parlament sitzen. Ihre Meinung? salzburg.com/hermann

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