Tödliche Schüsse treffen rechten Führer
Alexander Musytschko war das Schreckgespenst der russischen Propaganda in der Ukraine
(SN). Seine Augen waren klein und böse, seine Frisur millimeterkurz, die Finger wurstig. Über dem Kragen des Kampfanzugs trug er gern einen weißen Schal. Saschko Bily alias Alexander Musytschko, Jahrgang 1962, sah aus wie ein Bandit, benahm sich wie ein Bandit und redete wie ein Bandit: „Du Miststück, ich schlepp dich am Strick auf den Maidan“, brüllte er und packte einen jungen Staatsanwalt vor laufenden Kameras am Schlips. Den Abgeordneten des Gebietsparlaments von Rowno fuchtelte er mit einer Kalaschnikow vor den Nasen herum: „Soll es einer wagen, sie mir abzunehmen!“
Der weiße Sascha war Koordinator des ultranationalistischen Rechten Sektors in derWestukraine und seit Wochen das Schreckgespenst der russischen Staatsmedien, ihr lebender Beweis dafür, dass in der Ukraine das Böse gesiegt hat. Tatsächlich besaß der Hobbykrieger eine einschlägige Gangsterbiografie, wurde mehrfach wegen Körperverletzungen und Schießereien belangt, landete 1999 wegen Kidnappings für drei-
starb unter unklaren Umständen. einhalb Jahren hinter Gittern. Als ihm der ukrainische Innenminister Arseni Awakow kürzlich wieder mit Festnahme drohte, konterte Saschko Bily, er werde Awakow „aufknüpfen wie einen Hund“. Jetzt hat es Bily selbst erwischt. Das westukrainische Nachrichtenportal WSJO berichtete, Bily, seine drei Leibwächter und mehrere Freunde seien in einer Gaststätte bei der Stadt Rowno überfallen worden, man habe Bily mit Handschellen gefesselt und mit zwei Herzschüssen aus einer Makarow-Pistole getötet. Sofort kamen Spekulationen auf, der russische Geheimdienst stecke hinter der Ermordung. Aber später verkündete der stellvertretende ukrainische Innenminister Wladimir Jedwokimow, die Polizei habe Saschko Bily und andere Berufskriminelle festnehmen wollen. Bily habe geschossen und einen Kämpfer der Spezialeinheit „Sokol“verletzt, der daraufhin auf Bilys Beine feuerte. Bily habe sich weiter gewehrt, bei seiner Festnahme seien wieder Schüsse gefallen. Mitkämpfer widersprachen. Ihr Chef sei ermordet worden, sagen sie.
In Russland wurde Bily als „Gauleiter“beschimpft. Laut der Massenzeitung „Komsomolskaja Prawda“und dem Fernsehkanal NTW soll er im Tschetschenienkrieg russische Soldaten zu Tode gequält haben. Als „ein sonderbares Produkt russischer Propaganda“bezeichnete ihn der Petersburger Sozialwissenschaftler Dmitrij Trawin. Schüler, vor denen Trawin kürzlich auftrat, hätten Bily als Symbol der ukrainischen Revolution betrachtet.
„Er war eine Null“, erklärte dagegen der Kiewer Maidan-Aktivist Wjatscheslaw Stadnitschenko. „Eine Mücke, aus der die Russen einen Elefant gemacht haben.“Zwar drohe der Rechte Sektor jetzt mit Rache für seinen erschossenen Unterführer. Aber insgeheim sei die Gruppe, die sich kürzlich zur Partei formierte und salonfähig werden möchte, wohl alles andere als traurig über Bilys Tod. „Für ihr Image“, so Stadnitschenko, „war er wie eine Gräte im Hals“.