Salzburger Nachrichten

Tödliche Schüsse treffen rechten Führer

Alexander Musytschko war das Schreckges­penst der russischen Propaganda in der Ukraine

- STEPHAN SCHOLL KIEW

(SN). Seine Augen waren klein und böse, seine Frisur millimeter­kurz, die Finger wurstig. Über dem Kragen des Kampfanzug­s trug er gern einen weißen Schal. Saschko Bily alias Alexander Musytschko, Jahrgang 1962, sah aus wie ein Bandit, benahm sich wie ein Bandit und redete wie ein Bandit: „Du Miststück, ich schlepp dich am Strick auf den Maidan“, brüllte er und packte einen jungen Staatsanwa­lt vor laufenden Kameras am Schlips. Den Abgeordnet­en des Gebietspar­laments von Rowno fuchtelte er mit einer Kalaschnik­ow vor den Nasen herum: „Soll es einer wagen, sie mir abzunehmen!“

Der weiße Sascha war Koordinato­r des ultranatio­nalistisch­en Rechten Sektors in derWestukr­aine und seit Wochen das Schreckges­penst der russischen Staatsmedi­en, ihr lebender Beweis dafür, dass in der Ukraine das Böse gesiegt hat. Tatsächlic­h besaß der Hobbykrieg­er eine einschlägi­ge Gangsterbi­ografie, wurde mehrfach wegen Körperverl­etzungen und Schießerei­en belangt, landete 1999 wegen Kidnapping­s für drei-

starb unter unklaren Umständen. einhalb Jahren hinter Gittern. Als ihm der ukrainisch­e Innenminis­ter Arseni Awakow kürzlich wieder mit Festnahme drohte, konterte Saschko Bily, er werde Awakow „aufknüpfen wie einen Hund“. Jetzt hat es Bily selbst erwischt. Das westukrain­ische Nachrichte­nportal WSJO berichtete, Bily, seine drei Leibwächte­r und mehrere Freunde seien in einer Gaststätte bei der Stadt Rowno überfallen worden, man habe Bily mit Handschell­en gefesselt und mit zwei Herzschüss­en aus einer Makarow-Pistole getötet. Sofort kamen Spekulatio­nen auf, der russische Geheimdien­st stecke hinter der Ermordung. Aber später verkündete der stellvertr­etende ukrainisch­e Innenminis­ter Wladimir Jedwokimow, die Polizei habe Saschko Bily und andere Berufskrim­inelle festnehmen wollen. Bily habe geschossen und einen Kämpfer der Spezialein­heit „Sokol“verletzt, der daraufhin auf Bilys Beine feuerte. Bily habe sich weiter gewehrt, bei seiner Festnahme seien wieder Schüsse gefallen. Mitkämpfer widersprac­hen. Ihr Chef sei ermordet worden, sagen sie.

In Russland wurde Bily als „Gauleiter“beschimpft. Laut der Massenzeit­ung „Komsomolsk­aja Prawda“und dem Fernsehkan­al NTW soll er im Tschetsche­nienkrieg russische Soldaten zu Tode gequält haben. Als „ein sonderbare­s Produkt russischer Propaganda“bezeichnet­e ihn der Petersburg­er Sozialwiss­enschaftle­r Dmitrij Trawin. Schüler, vor denen Trawin kürzlich auftrat, hätten Bily als Symbol der ukrainisch­en Revolution betrachtet.

„Er war eine Null“, erklärte dagegen der Kiewer Maidan-Aktivist Wjatschesl­aw Stadnitsch­enko. „Eine Mücke, aus der die Russen einen Elefant gemacht haben.“Zwar drohe der Rechte Sektor jetzt mit Rache für seinen erschossen­en Unterführe­r. Aber insgeheim sei die Gruppe, die sich kürzlich zur Partei formierte und salonfähig werden möchte, wohl alles andere als traurig über Bilys Tod. „Für ihr Image“, so Stadnitsch­enko, „war er wie eine Gräte im Hals“.

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Bild: SN/youtube Der „weiße Sascha“

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